Beitragvon rockine1 » 14. Dezember 2012, 18:23
Liebes Hexchen,
bei mir ist es tatsächlich so, dass es mir nach der langen Zeit ohne Alkohol jetzt total leicht fällt, im Alltag auf ihn zu verzichten. Ich DENKE zwar täglich an ihn, aber nicht mehr in der Form, dass ich ihn will, sondern NUR noch in der Form, dass ich ihn NICHT mehr will. Ich brauche auch kein Baclofen mehr dafür (ich nehme es seit März nicht mehr) und ich weiß ganz genau, solange ich nicht trinke, brauche ich es auch nicht mehr.
Ja, mein Umfeld weiß auch nichts von meiner Sucht, und genau wie Du lege ich mir irgendwelche bescheuerten Ausreden zurecht für den Fall der Fälle, aber die Erfahrung hat mir bislang gezeigt, dass ich sie so gut wie nie brauche. Das „nein“ wurde noch immer ohne größeres Nachhaken akzeptiert. Manchmal habe ich brutal starke Phasen, dann denke ich sogar, wenn mir einer blöd kommt, dann sag ich’s. Mir doch egal. Hauptsache ich bin nicht so blöd und fange wieder an damit.
Aber dadurch, dass ich mich oft so stark fühle, spukt halt auch immer wieder diese 1 Glas in meinem Kopf rum, wo ich eben auch denke, dass ich es KÖNNTE. Aber genau das sagt mir NUR die Sucht, die sich mal wieder von hinten anschleichen will. Süchtig bin ich definitiv, daran gibt es nichts mehr zu rütteln. Es ist genau so, wie Chrisi vor Kurzem geschrieben hat. Wahrscheinlich klappt es, vielleicht sogar 1, 2, 3 Mal und dann ist man ganz schnell wieder drin und alles geht von vorne los. Das will ich nicht mehr.
Ich habe einen großen Vorteil dadurch, dass mein Mann so gut wie nie trinkt, und ich studiere und imitiere sozusagen sein Verhalten. Ich bin ja eine sehr gute Schauspielerin, wenn ich bedenke, wie viele Jahre ich meine Sucht erfolgreich überspielen konnte. Jetzt setze ich diese Kunst wenigstens mal sinnvoll ein.
In meinem Umfeld wird halt auf Familienfesten getrunken, aber es sind nie „alle“, die was trinken. Das habe ich wohl früher nur gerne so gesehen. Und mit Freundinnen habe ich es natürlich auch schon des öfteren krachen lassen. Aber ich stelle immer wieder fest: Sie haben kein Problem, nur ICH habe es.
Ich muss nur immer diese kleine unangenehme Situation mit dem Nein überstehen, und wenn ich dann mit meinem antialkoholischen Getränk in der Hand da stehe, dann bin ich der glücklichste Mensch auf Erden. Die anderen können sich ruhig neben mir voll laufen lassen, das macht mir überhaupt nichts aus. Nach diesem Nein interessiert sich doch keine alte Sau mehr dafür, ob ich mittrinke oder nicht.
Glaubst Du wirklich, die machen sich am nächsten Tag noch Gedanken über uns, warum wir nicht mitgetrunken haben? Ich glaube nicht. Wenn bei mir wirklich jemand etwas ahnen sollte, dann ist er zumindest so taktvoll und haut mich nicht drauf an.
Noch NIE hat sich jemand von mir abgewendet, weil ich nicht trinke, eher das Gegenteil. Ich glaube sogar, dass die Leute jetzt viel lieber mit mir zusammen sind, weil ich nicht mehr die großkotzige, perfekte, alles besser wissende, übertrieben lustige und betrunkene Rockine bin, sondern die „echte“, die eigentlich eher ruhig ist, die auch ihre Problemchen hat, die aber auch so mal lustig sein kann (ohne Alk) und mit der man ganz gute Gespräche führen kann. Die es gelernt hat, sich selbst wieder ein bisschen zu mögen.
Ist jetzt leider ein Riesen-Roman geworden. Ich weiß, wie riesig die Abwehrhaltung am Anfang gegen die Abstinenz ist (war bei mir ganz genauso), aber ich wollte Dir darlegen, wie es sein KANN, wenn Du den Weg der Abstinenz wählen und ihn durchziehen solltest.
Ich wünsch Dir alles, alles Gute weiterhin. Du kannst das schaffen!
Und ich verabschiede mich hiermit bis mindestens Anfang nächsten Jahres aus dem Forum. Diese ganzen Diskussionen in den anderen Beiträgen stressen mich nur.
Glg
Rockine