JazzGustls Real Book

Eigene Erfahrungsberichte zu Baclofen und Alkohol
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WilloTse
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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon WilloTse » 3. April 2015, 13:48


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JazzGustl
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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon JazzGustl » 7. April 2015, 05:25

Hi Leute,
erstmal die Technik. Ich führe auch ein Tagebuch als Paperware und übertrage daraus kommentarlos:

Tag 8: Karfreitag:
Baclofen: 13 - 6 - 6- 13 mg
Alkohol: 0
Craving: 0
sonstiges: aufgekratzt wg. Osterplänen

Tag 9: Dosiserhöhung:
Baclofen: 25 - 6 - 6- 13 mg
Alkohol: 0
Craving: 0
sonstiges: "Nebenwirkungen", falls es überhaupt vom Baclofen kam, wieder weg. Da ich das Medikament offenbar gut vertrage und zwei Rückfälle in einer Woche noch nicht mein Behandlungsziel sind, doch wieder um 12,5 mg erhöht

Tag 10:
Baclofen: 25 - 6 - 6- 13 mg
Alkohol: 0
Craving: mittel
sonstiges: das war ein sehr arbeitsintensives Wochenende mit einer genialen "Belohnung" am heutigen Ostersonntag. Da war die Lust auf "noch mehr Belohnung" spürbar da. Die Umstände waren aber nicht so, das Umfeld auch nicht, Verzicht war erträglich.

Tag 11:
Baclofen: 25 - 13 - 13 mg
Alkohol: 0
Craving: mittel
sonstiges: wieder zurück auf drei Einnahmen am Tag. Ich merke keinen Unterschied bei vier Einnahmezeiten, außer, dass der Wecker einmal öfter bimmelt. Craving wie gestern. NW sind wieder da, kommt also wohl tatsächlich von Baclofen: tagsüber (eine Stunde nach der Einnahme? Kann aber Einbildung sein) todmüde für 15-30 Minuten nach der Mittagsdosis. Gelegentlich irgendwie überempfindliche Fingerspitzen (ich weiß nicht, wie ich es besser beschreiben soll). Naja, wenn es mehr nicht ist, NW vom Alkohol waren schlimmer.
Morgen (Dienstag) wäre Trinken wieder sozialverträglich, ich erwische mich dabei, wie ich entsprechende Pläne mache. Hoffentlich geht das gut...

Gustl

neue Dosierung seit Tag 9 bzw. Tag 11:
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Zuletzt geändert von JazzGustl am 7. April 2015, 05:39, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon JazzGustl » 7. April 2015, 05:37

Ab heute Dosisänderung 25 - 25 - 12,5
mein gefürchtetes Morgencraving ist weg und die NW "überempfindliche Fingerspitzen" ist morgens noch spürbar. Dafür kommt der "kleine Durst" jetzt eher gegen Mittag, früher Nachmittag. Ich lege also nicht, wie eigentlich geplant, abends was nach, um den Spiegel für die Nacht zu halten, sondern packe erstmal mittags noch ein Brikett drauf:
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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon JazzGustl » 7. April 2015, 05:46

Jetzt muss ich erstmal ins Büro. Meine Erfahrung lehrt, dass Geschäftspost, die ich bis 10 Uhr nicht fertig habe, an dem Tag auch nicht mehr angefangen wird. [pardon]
Danach erzähle ich Euch, wie versprochen, von meinem Wochenende und antworte auf Eure Beiträge.
Bis nachher!
Gustl
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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon JazzGustl » 7. April 2015, 09:42

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JazzGustls Osterfeuer

Beitragvon JazzGustl » 7. April 2015, 09:58

JazzGustls Osterfeuer

Ja, das war eine spontane Aktion von mir, das Osterfest nicht betrunken bei meiner Familie, sondern nüchtern mit ganz anderen Menschen zu verbringen.
Ich helfe, das hatte ich ja schon erzählt, bei einer Musiktherapie mit. Das geht schon länger, fünf oder sechs Jahre, einmal die Woche bin ich da und ergänze die Gruppenarbeit des Therapeuten (der „Asket“) mit meiner fundierten und flexibleren musikalischen Arbeit. Neben mir begleitet eine Gesangslehrerin die Therapie. Da sie mit relativer Solmisation arbeitet, ist der Therapeut, obwohl er für einen Laienmusiker gut ist, technisch überfordert. Was keine Schande ist, diese Technik macht es den Sängern leichter, den Begleitmusikern schwer.
So hat sich dieses musiktherapeutische Dreigestirn über die Jahre etabliert. Der Therapeut macht die tatsächlich therapeutische Arbeit, die Gesangslehrerin kümmert sich um Ausdrucksgesang und -tanz, ich mache den ganzen musikalischen Rest, Begleitung, Arrangements, Komposition und so weiter.
Das macht immer sehr viel Spaß, die „Patienten“ sind ungeheuer dankbar, manche finden über die Musik das erste Mal in ihrem Leben einen Weg, sich auszudrücken, ihre Gefühle mal loszuwerden.
Wir haben schon mehrfach „Werkstattkonzerte“ gegeben, für die Angehörigen.
Jetzt war erstmals ein Konzert mit Jugendlichen aus der Therapiegruppe in einer Kirche geplant, es war auch alles vorbereitet. Ich wurde dafür nicht gebraucht, nur für die Vorbereitung und die Proben. Das war von vornherein klar, ich musste Ostern ja sowieso zur Familie.
Als ich Euch hier am Freitag Morgen geschrieben habe, dass ich am Gründonnerstag wieder ein Fass geleert hatte, kam wenige Minuten später eine Mail vom Therapeuten hier an, der sich nochmal bedankte für die Vorbereitung und wie sehr sich alle auf das Proben- und Konzertwochenende freuen. Und der Satz „Ist wirklich schade, das Du nicht mitmachen kannst!“
Das habe ich gelesen und in dem Moment gewusst, dass ich mitmachen wollte. Musste. Würde.
Ich hab das dann kurz mit meiner Frau besprochen, nach ihrem o.k. (was für sie ja auch bedeutet hat, den Familientreff allein bestreiten zu müssen) habe ich den Therapeuten angerufen und gefragt, ob sie mich nicht doch noch brauchen können, da ich diese Ostern mal Luft bräuchte. Antwort: „12 Uhr in St. Marien! Bis gleich!“ Er ist ein echter Asket, außer seiner Geduld und seiner Nächstenliebe ist alles ziemlich sparsam, auch Worte.

Ich habe also meinen Kram ins Auto geschmissen, und bin da hin. Wir konnten in einem Gebäude der Kirchengemeinde übernachten, essen und proben. Da ich nun auch dabei war, haben wir die Schlafgruppen durch drei geteilt, jeder von uns hatte damit vier Jugendliche zu betreuen. Erwachsene Leiter waren wir drei, der Pfarrer und der Kirchenmusiker. Wir haben eigentlich beinahe rund um die Uhr geprobt, immer wieder auch in der Kirche, um die Wirkung der einzelnen Teile in der Kirchenakustik zu erfahren. Das ist nochmal was anderes, ob Du in einem knochentrockenen Raum arbeitest oder in einer Kirche mit fünf Sekunden Nachhall.
Am Ostersonntag Morgen begann das Konzert, im Osternacht Gottesdienst morgens um fünf. Dunkle Kirche, nur eine Kerze auf dem Altar. Und die Kirche voll bis auf den letzten Platz. Das hätten wir nie erwartet. Die Leute standen in den Gängen und den Kids klopfte das Herz bis zum Hals.

Und dann war da nur noch Musik.
Ich bin kein sonderlich religiöser Typ. Aber wenn in einer stockdunklen, frühgotischen Kirche die ganze Gemeinde mit Dir „Bleibet hier“ singt, die jugendlichen Solisten sich abwechseln, ein drogenabhängiger Jugendlicher singt „Wachet und betet, damit Ihr nicht in Versuchung fallet. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach!“, eine seit einem Reitunfall im Rollstuhl sitzende 17jährige singt „Mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ und zwei todkranke Zwölfjährige, die nach allen ärztlichen Prognosen nie 18 werden, singen „Vater, in Deine Hände lege ich meinen Geist!“, dann muss man wohl schon ein Herz aus Stein haben, um nicht tief im Innersten berührt zu werden.

Das ganze löste sich dann, nach fast drei Stunden Musik und Osternachtgottesdienst in dem fast 1000 Jahre alten „Christ ist erstanden, von der Marter alle“ auf. Es war draußen längst wieder hell geworden, drinnen und in den Herzen auch.
„Auferstehung beginnt im Dunkel“ war das Thema des Pfarrers. Wohl wahr.
Das war vermutlich der längste Osternachtgottesdienst nördlich von Rom.

In der langsam heller werdenden Kirche sah ich dann mein Osterwunder: meine Familie war gekommen. Die müssen um drei uhr aufgestanden sein, sonst hätten sie nicht um fünf dort sein können. Meine Frau hat mir dann später erzählt, dass sie denen schlicht das Messer auf die Brust gesetzt hat: „Entweder fahren wir da jetzt hin und Ihr hört Gustls Musik zu, oder das nächste Familientreffen findet nicht nur ohne ihn, sondern auch ohne mich und die Kinder statt!“.
Meine Schwiegermutter nahm mich nach dem Gottesdienst in den Arm (das war, glaube ich, das erste Mal überhaupt) und hat gesagt „Ich wusste ja nicht, was Du bewegst!“
Um ehrlich zu sein, ich auch nicht.
Ich habe wohl tatsächlich einen Engel geheiratet.
Und ich weiß, was ich zu tun habe. Ich bin nicht, wie ich immer dachte, auf Umwegen hierher getaumelt, ich bin genau da, wo ich sein soll.
Ich will nicht behaupten, ich hätte die Arbeit betrunken schlechter gemacht. Nein, sicher nicht, dafür habe ich viel zu viel Übung. Aber auf einer anderen Ebene hat es sich nüchtern besser angefühlt. Echter. „Ich“er.
„Man muss wohl selbst mal kaputtgegangen sein, um uns Kaputte heilen zu können! Danke!“ Annika, 17 Jahre alt, nach dem Gottesdienst.

Danke zurück. Wir diskutieren, wer hier wen therapiert hat, beim nächsten Mal.

Zum Nachhören, wer die Ankerstücke nicht kennt (nicht aus unserem Konzert!!):





Gustl
Zuletzt geändert von JazzGustl am 7. April 2015, 10:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon baclofino » 7. April 2015, 10:23

Moin Gustl, die eingefügten musikalischen Stücke sind aber nicht von diesem Wochende oder? LG Baclofino

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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon JazzGustl » 7. April 2015, 10:30

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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon baclofino » 7. April 2015, 10:36


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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon JazzGustl » 7. April 2015, 10:52

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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon GoldenTulip » 7. April 2015, 10:54

Ich hatte auf Kultusminister getippt, so kann man sich irren [mocking]
Siegreiche Krieger siegen bevor sie in den Krieg ziehen, während Verlierer erst in den Krieg ziehen und dann versuchen, zu gewinnen. Sunzi.
Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

In respektvollem Gedenken an Aaron Swartz

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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon baclofino » 7. April 2015, 10:56

Ich an Kammermeister... [biggrin]

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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon JazzGustl » 7. April 2015, 11:03

Ihr seid klasse!!!
[lol] [lol] [lol]
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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon WilloTse » 7. April 2015, 13:42


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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon JazzGustl » 8. April 2015, 07:19

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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon JazzGustl » 8. April 2015, 07:38

PS:
bevor das jetzt irgendwie zu negativ überkommt, ich bin eigentlich ganz relaxed. Klar wäre es schöner gewesen, wenn ich einfach so in die Abstinenz gegangen wäre und fertig. Ich habe aber nie damit gerechnet, dass die Sache ein Sonntagsspaziergang wird. Und ich habe von zwölf Tagen an dreien getrunken. Das ist ein Schnitt, über den ich mich erstmal freue und daran weiterarbeite. Ebenso bin ich zufrieden mit mir, dass ich überhaupt seit zwölf Tagen bei der Stange bleibe, normalerweise enden meine "jetzt höre ich aber mit der Sauferei auf"- Aktionen nach längstens zwölf Stunden. Und heute wird auch wieder ein Alkohol = null Tag, das spüre ich.
Also alles in Butter aufm Kutter.

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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon Papfl » 8. April 2015, 08:20

„Der Hori­zont vie­ler Men­schen ist wie ein Kreis mit Radius Null. Und das nen­nen sie dann ihren Stand­punkt."
Albert Ein­stein (1879 - 1955)

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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon andi » 8. April 2015, 09:23

Morgen Jazz!
sprichst mir irgendwie aus der Seele; denke man soll sich auch nicht zu viel vornehmen wie z.B. sofortige Abstinenz!!
Hat bei mir halt nicht funktioniert, auch wenn der Wille da war, hat Körper und Geist nicht mitgemacht und dann kamms halt gleich dreifach - ne, muss nicht sein, trinken wenn man will vorerst und locker bleiben aber das klappt ja bei Dir, wenn ich das richtig verstehe. Ich muss noch warten [twiddle]
LG
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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon baclofino » 8. April 2015, 09:58

Moin,
mal abgesehen davon, dass es sicherlich gefährlicher ist den Alk abrupt abzusetzen, aber viele Menschen kriegen es ja gar nicht anders hin, da nach 2-3 Bier oder Schnäpsen der Groschen gefallen ist und es kein Ende mehr gibt. Ich denke, das ist ziemlich individuell. Persönlichkeit, Trinkgewohnheiten, Dauer usw..LG Baclofino

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Re: JazzGustls Real Book

Beitragvon JazzGustl » 9. April 2015, 10:18

Tag 13:
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sonstiges: schöner Tag, besser geht kaum. Dabei war eigentlich nichts Besonderes, schönes Wetter, bisschen im Garten gewurstelt, kein Alkohl, kein Craving.

Heute dagegen kribbelt es schon wieder, und das seit dem Aufstehen. So ganz verstehe ich das noch nicht. Es ist heut nichts anders als gestern, nicht in der Planung, nicht in kommenden Ereignissen, schon gar nicht in der aktuellen Tätigkeit. Es ist alles genau wie gestern, auch die Baclofendosierung, bis auf das, nennen wir es mal Craving. Kribbeln. Unruhe. So, wie ich gestern Morgen einfach wusste, dass es ein null-Alk-Tag wird, so genau weiß ich, dass heute zusammengebissene Zähne oder Alk sein werden. Wie kommt das?

Ich habe bei Euch einen interessanten Thread gefunden zur Dosierung: . Das ist leider ein älterer Thread, viel mehr habe ich nicht gefunden, hat sich das nicht bewährt? Es wäre schon hilfreich zu wissen, wohin die Reise so etwa noch geht.

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