Die "W-Fragen"

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GoldenTulip
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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon GoldenTulip » 10. April 2013, 09:27

Die "Binsenweisheit" "Baclofen schlägt Dir nicht das Glas aus der Hand" illustriert das Geschehen ja schon ganz gut.
Wir haben uns mit dem "Aber wie Wie kann ich Wollen wollen, was ich nicht (wirklich) will" beschäftigt. Kann Baclofen das Wollen grundlegend ändern? Ich meine dauerhaft, nicht als Willensakt, der Kraft kostet?. Irgendwo muss die Theorie/ Erfahrung des Klicks/Urknalls ja herkommen.
Das assoziiere ich mit wieder "normalem" Umgang mit Alkohol. Mal ein Gläschen, kein Wirkungstrinken mehr, sondern weil die Party grad lustig ist oder einem Rotwein schmeckt.
Keine Fortsetzung der Party über eine Woche, sondern Wahlfreiheit. Ne, ich mag jetzt lieber Wasser.
Bekommt man das zurück nach Hochdosierung und Finden der Erhaltungsdosis? Ist man dann wieder "normal"? Oder ist die Erinnerung an die "schönen Zeiten" unauslöschlich eingeprägt, und Abstinenz deshalb leichter zu leben, weil man dem Trigger schlicht keinen Raum mehr gibt? Was ist dran am Suchtgedächtnis? Ist das Chemie oder Psyche?

LG Conny
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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon WilloTse » 10. April 2013, 09:38


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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon GoldenTulip » 10. April 2013, 09:51

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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon WilloTse » 10. April 2013, 09:57


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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon WilloTse » 10. April 2013, 10:03


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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon GoldenTulip » 10. April 2013, 10:10

Das bedeutet er ja eben nicht. Dann könnte ich auch gleich Apfelschorle trinken.
Trinkwunsch heißt für mich Wunsch, seinen Bewusstseinszustand ändern zu wollen. Das gilt auch, wenn ich nicht einschlafen kann, eine Schlaftablette zu nehmen.
Kaffee zu trinken, um wacher zu sein.
Oder Alkohol, um sich Mut anzutrinken, wenn schwierige Gespräche anstehen.
Oder krank zu werden, wenn man sich einer Situation nicht gewachsen fühlt.

Um wieder on topic zu kommen: Warum ist eine zweitrangige Frage, "weil man es eben so gelernt hat". Wozu ist relevant.
Ich trinke mich in ein besseres Gefühl rein, weil (warum) ich es so gelernt habe. Arbeiten kann ich nur mit dem Wozu, was hat das, was ich in mir selbst nicht habe.
Kann ich das auch anders hinbekommen. Mit dem gleichen inneren Gleichgewicht. Hilft mir Baclofen, wieder die Wahl zu haben. Und da beantwortet sich meine etwas kindische Frage nach Chemie oder Psyche von selbst: Ohne neu gebaggerten Alternativ-Trampelpfad, den man neurologisch einüben muss bleibt nur die alte Straße.

Am Ende doch nur eine Frage von Absicht und Bequemlichkeit? Ich hasse mich.
Das läuft dann irgendwie wieder auf Charakterschwäche hinaus.

Ich kann mich auch gut irren. Aber ich habe den Eindruck, dass wir endlich mal über den Kern der Angelegenheit sprechen. 10mg rauf oder runter helfen mir ehrlich gesagt da nicht weiter.

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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon GoldenTulip » 10. April 2013, 10:28

Ich hab's kapiert: Ich muss verantwortungsvoll mit meiner Absicht umgehen.
[shok] [cray]
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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon pragha » 10. April 2013, 11:03


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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon WilloTse » 10. April 2013, 11:22

Zuletzt geändert von WilloTse am 10. April 2013, 12:11, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon Papfl » 10. April 2013, 11:53

@ all

Schön, dass sich hier so aufschlussreiche Gedanken ergeben [good] . Ich würde sowohl die physische als auch die psychische Komponente als CRAVING (Verlangen, innere Unruhe...) bezeichnen und unsere Begrifflichkeiten in etwa so verorten:

CRAVING



@ Conny

Ich versuche mal ein Beispiel, wie Baclofen sich bei mir zurzeit auf das physische Craving auswirkt (nach über achtmonatiger Einnahme (in den ersten beiden Monaten aufdosiert bis 100 mg/d, dann runter auf 50 mg/d und diese als "Idealdosis" beibehalten) bei völliger Abstinenz:

Wie ich hier schon an anderer Stelle geschrieben habe, kam mir vor einigen Tagen der Gedanke an ein schönes, frisches "Frühlingsweißbier" auf der Terrasse einer gemütlichen Gartenwirtschaft oder in einem Biergarten. Es war einer der seltenen "Sonnentage" dieses Frühlings. Hat sich aber nicht ergeben, da ich länger arbeiten musste - und der Gedanke war wieder weg.

Vor Baclofen wäre das für mich undenkbar gewesen. Das "verlockende" Weissbierglas hätte wie in einer Gedankenblase ständig über mir geschwebt und mich nicht mehr losgelassen. Ich hätte alle paar Minuten auf die Uhr geschaut, mich nicht mehr auf meine Arbeit konzentrieren können und höchstwahrscheinlich - Quatsch: Mit Sicherheit! - irgendwann eine Ausrede parat gehabt, warum ich heute auf keinen Fall länger bleiben kann. Im Biergarten hätte das Übel dann seinen Lauf genommen.

Die Tatsache, dass mich das Weissbierglas heute wieder "in Ruhe lässt", nachdem es mir einmal in den Sinn gekommen war, führe ich eindeutig auf Baclofen zurück. Oder anders ausgedrückt: Meine Rezeptoren "sagen" sich, wenn ein Weissbier momentan nicht geht, dann eben nicht. Wir haben ja Baclofen.

Wie es sich heute verhalten würde, wenn ich erst einmal im Biergarten bin...ob die Dinge dann auch wieder ihren Lauf nehmen würden wie früher, kann ich (noch?) nicht sagen. Das käme auf einen Versuch an. Tatsache ist aber, dass mich der Biergarten überhaupt nicht triggert. Früher habe ich Gott und die Welt in Bewegung gesetzt, um Trinkgelegenheiten zu schaffen. Eine Runde nach der anderen geschmissen, nur um nicht alleine Schnaps trinken zu müssen und und und...

Jetzt ist das irgendwie anders. Und dieser Umstand lässt mich hoffen. Hoffen, dass ich vielleicht - wenn es sich ergibt (wie gesagt: früher hätte ich zur Not etwas inszeniert, Radtour, Wanderung etc.) - wirklich einmal in einen Biergarten gehen und wie jeder "normale" Mensch ein Weissbier trinken kann.

Dass das psychische Craving mit Sicherheit im Biergarten vorbei schauen wird und mir mit Sätzen wie "Eins geht noch...Du bist ja noch nicht mal angeheitert" dazwischen funkt, ist klar. Ich hoffe, dann sagen zu können: Nö, brauchen meine Rezeptoren nicht. Die haben ja Baclofen. Und ich könnte mir vorstellen, dass man sich nach so einem Biergartenbesuch "sauwohl" fühlen kann. Und mit Blick auf die Lerntheorie (Danke, @Willo, wichtiger Punkt) hat man einen großen Erfolg verbucht.

Und wenn's nicht klappt? So what. Dank Baclofen kann man auch abstinent ganz glücklich leben [smile] .

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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon pragha » 10. April 2013, 12:09


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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon WilloTse » 10. April 2013, 12:09


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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon WilloTse » 10. April 2013, 13:18


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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon Don » 16. April 2013, 09:56


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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon Papfl » 16. April 2013, 11:54

@ Don

Das ist ein wertvoller Gedankengang, Don. Hier liegt glaube ich irgendwo die Krux. Unser Hirn ist so verdrahtet:

(viel) Alkohol ---> Rausch, Hochgefühl, Erleichterung, Sorglosigkeit,.............und irgendwo ganz weit hinten steht ganz klein Entzugsschmerzen.

Bei Menschen, die "normal" mit Alkohol umgehen können, ist das in der Regel anders:

Alkohol ---> Muss ich heute noch etwas Wichtiges erledigen? Will ich morgen fit sein? Vertrage ich das auf nüchternen Magen? Ja. Wirklich? Warum eigentlich nicht? Leichter Schwips.

Ich habe in Gesellschaft oft sog. "normale" Leute sagen hören: "Für mich bitte keins mehr, ich muss morgen früh raus!" Mir ist so eine Formulierung seinerzeit nie über die Lippen gekommen, auch wenn ich früh raus musste. Weil - wie Du richtig sagst - solche Gedanken einfach gar keine Rolle mehr spielen, wenn die "Trink-Maschinerie" erst einmal in Gang gesetzt worden ist (wahrscheinlich in der Tat sogar schon davor).

In diesem Zusammenhang kann man auch beobachten, dass - mit zunehmender Trink-Karriere - die vermeintlich "wichtigen" Termine und Aufgaben des nächsten Tages für unsereins immer unwichtiger wurden. Man hat geschwänzt, sich krank gemeldet, verleugnen lassen...

Dass unser Gehirn so anders tickt (Alkohol ---> Rausch) liegt an der jahrelangen Konditionierung. Wir haben es so gelernt und es war super - zumindest eine gewisse Zeit lang.

Meine Hoffnung ist, dass konditioniertes Verhalten auch wieder verlernt werden kann ("Rekonditionierung"). Inwieweit eine (teilweise oder vollständige) Genesung/Gesundung ("Recovery") möglich ist, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilen.

Wenn wir es schaffen, unser Denken von der obigen Darstellung in

(viel) Alkohol ---> Rauschgefühl, Entzugsschmerzen

zu wandeln, haben wir schon ein großes Stück der vor uns liegenden Strecke geschafft. Denn in gewisser Weise haben wir auch diesen Zusammenhang schmerzhaft gelernt. Wir müssen ihn halt im entscheidenden Augenblick auch abrufen. Dank Baclofen ist das zumindest theoretisch möglich. Das Medikament sorgt zwar nicht für ein Rauschgefühl, aber es liefert den nötigen Botenstoff, damit wir uns auch ohne Alkohol zumindest einigermaßen "normal" fühlen können. Vielleicht sollten wir uns an entscheidender Stelle (immer) öfter sagen: "Alkohol...muss das jetzt wirklich sein? Alles in allem betrachtet geht's mir doch zurzeit ganz gut. Und dann wieder dieses ätzende Zittern, Kotzen, Schwitzen...der ganze Stress, Krankmelden, Familienstreit...Nö!".

Wenn uns dieses "Nö!" dann tatsächlich gelingt, ist es ganz wichtig, dass wir dafür auch STOLZ entwickeln. Dass wir uns loben, diesmal den schwereren Weg gegangen zu sein. Das war wahrhaft eine Riesenleistung! Kompliment! Klasse!

Denn nur so funktioniert die Lerntheorie und damit auch das "Rekonditionieren": "Richtiges" Verhalten muss belohnt werden. Für "normale" Menschen ist "Nicht-Trinken" keine große Leistung - für uns ist es ein Riesenerfolg! Wer mag, kann sich die gesparten Euros, die der Rausch gekostet hätte, jedesmal in ein kleines Kässchen packen und sich von dem Geld irgendeinen Wunsch erfüllen. Auch "Kleinvieh" macht Mist! Eine Konzertkarte für die Lieblingsband zum Beispiel. Denn das Gehirn muss auch die Möglichkeit bekommen, neue "Verknüpfungen" herzustellen. Zum Beispiel:

Kein Alkohol ---> Lieblingskonzert.

Ein langer, steiniger Weg (@Willo)! Ich weiß. Aber Festplatte neu formatieren dauert eben...

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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon pragha » 16. April 2013, 13:23

Hi Papfl,
du gehst davon aus, das der Unterschied Alkoholiker/ Nichtalkoholiker in einer psychischen Konditionierung der Alkoholiker liegt und deshalb der Unterschied zwischen normal und pathologisch auch wieder reduziert werden kann (Lerntheorie).
Es gibt hinreichend viele wissenschaftliche Veröffentlichungendie zeigen, dass fortgesetztes Alkoholkonsum zu physischen Veränderungen führt, die einem extrem lange erhalten bleiben, falls sie einem nicht sogar das ganze Leben erhalten bleiben, und das Phänomen "Craving" erzeugen. Da Nicht-Alkoholiker kein "Craving" haben, ist die Vorstellung eines "normalen" Trinkverhalten für Alkoholiker wohl Wunschdenken.
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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon Papfl » 16. April 2013, 13:59

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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon Don » 16. April 2013, 23:45

@pragha: Natürlich darf man die körperliche Komponente nicht außer Acht lassen - keine Frage. Ich meine allerdings, dass die Entdeckung unserer geistigen Muster wertvolle zusätzliche Chancen bietet, da & dort aus dem Stand heraus adäquat zu reagieren. Dafür allein schon lohnt es sich, einmal die Erfahrungen auszutauschen.

LG - Don.

PS: Mal am Rande - hab gestern einen ganz guten Film gesehen mit nem recht schönen Zitat drin, welches ich Euch allen natürlich nicht vorenthalten möchte:

Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte
Achte auf Deine Worte, denn sie werden Taten
Achte auf Deine Taten, denn sie werden Dein Charakter
Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.

Gut Nacht sagt, Don. [smile]

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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon Ralph » 18. Mai 2013, 09:30

Das sind ja auch wieder viele interessante Gedanken hier.

Ich glaube für mich selbst sind viele Gründe die häufig angeführt werden, nur nette Nebeneffekte, die man gerne mitnimmt.
Ich habe z.B. nach einer längeren Flugpause ein paar Bier vor dem Flug gegen Flugangst getrunken. Allerdings bin ich im Urlaub immer in Sauflaune und hatte bei Autourlauben Probleme nüchtern zu fahren. Wobei das damals noch klappte. Heute kann ich nur noch fliegen.
Vor einer Feier mit vielen unbekannten Leuten trinke ich, weil ich dann schneller ins Gespräch komme und zunächst sicherer auftrete. Nur saufe ich eben auch im vertrauten Kreis.

Eine Hauptkomponente ist einfach die Suchbefriedigung, die in konditionierten Situation stärker auftritt. Das hat sich nun mal verselbstständigt. Ein Großteil der erwarteten Entspannung rührt alleine aus dem Wegfallen des Saufdranges.
Wenn ich nach langer Suche endlich eine Toilette finde, bin ich auch entspannter.

Ich frage mich, ab man als Alkoholiker die Fähigkeit zur Freude an kleinen Dingen verloren hat oder ob sie nie so wie bei Anderen vorhanden war. Mir wurde schon immer alles schnell langweilig und ich neigte zu Übertreibungen. Da könnte die Ursache für den Start meiner Säuferkarriere liegen.

Gruß
Ralph

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Re: Die "W-Fragen"

Beitragvon WilloTse » 26. Juli 2013, 06:16



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