Veränderung

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Blumi
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Veränderung

Beitragvon Blumi » 12. März 2017, 01:35

Hallo zusammen

So kann es einfach nicht mehr weiter gehen...(2-4x in der Woche jeweils eine Flasche Wein)

Bin 40-ig, habe eine süße Familie und einen interessanten Job...und trotzdem trinke ich (mal mehr, mal weniger). Ich will eine Veränderung in erster Linie für mich, aber natürlich auch für meine Nächsten.

Ich komme aus Zürich-Umgebung, es würde mich freuen, wenn ihr mir die Ärzteliste der CH-Ärzte weiterleiten könnt.

Gruß Blumi

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DonQuixote
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Re: Veränderung

Beitragvon DonQuixote » 13. März 2017, 22:19

Hallo Blumi

Willkommen im Forum, schön dass Du zu uns gefunden hast.

Dass es nach so mancher herkömmlicher Therapie immer wieder zu Rückfällen, oder sagen wir mal zu Vorfällen kommt, hat nicht mit Willensschwäche zu tun. Schuld daran ist das sog. Craving. Unser Beitrag über Craving erklärt einiges und kann auch so manches Schuld-, Scham- und Versagensgefühl nehmen bzw. relativieren.

"Sucht" hat zwei Komponenten. Und das wird in der traditionellen Suchttherapie oft "vergessen":

  • Den "Trinkzwang" (physisches Craving), gegen den Betroffene nichts tun können, weil es sich dabei um biochemische Vorgänge handelt, die durch eigenes Zutun nicht beeinflussbar sind und
  • den "Trinkdrang" (psychisches Craving), oft ausgelöst aus Mangel an Alternativen zum Alkohol, um bestimmte Gemütszustände zu erreichen (Belohnung, Entspannung, "Kick", Hochgefühl, Hemmungs- oder Angstlosigkeit etc.). Hier können Betroffene selbst aktiv werden, indem sie sich beispielsweise andere Strategien suchen, um sich zu belohnen, sich zu entspannen, Ängste abzubauen etc.
    --> verhaltenstherapeutische Ansätze.
Bei ersterem (physisches Craving) kann Baclofen helfen: Durch den jahrelangen Alkoholkonsum ist die Biochemie aus dem Gleichgewicht geraten. Das "Hirn" hat bezüglich des Suchtmittels in gewisser Weise ein Eigenleben entwickelt, das man willentlich nicht mehr beeinflussen kann. Ständig wiederkehrendes Gedankenkreisen um Alkohol ist die Folge, bis man sich irgendwann auf gar nichts anderes mehr konzentrieren kann und letztlich trinken MUSS.

Dagegen kann man einen Tag, eine Woche, vielleicht auch Monat(e) ankämpfen, aber irgendwann holt einen der "alte Freund" doch wieder ein. Ganz abgesehen davon, dass so ein ständiger Kampf um die Abstinenz auch nicht gerade das ist, was man sich unter angenehmem Leben für gemeinhin so vorstellt.

Durch die entspannende, hemmende Wirkung von Baclofen kann im Idealfall das physische Craving eingedämmt werden, d. h. man muss nicht mehr ständig an Alkohol denken und gewinnt ein Stück weit seine Entscheidungsfreiheit zurück:

Aus dem Trinkzwang "Ich MUSS jetzt unbedingt etwas trinken, koste es was es wolle" wird ein "Ich KÖNNTE jetzt etwas trinken, kann's aber auch lassen oder auf später verschieben."

Baclofen "schlägt einem also das Glas nicht aus der Hand", aber es hilft dabei, wieder eigene Entscheidungen zu treffen und nicht mehr "fremdbestimmt" zu sein. Das ist ein wichtiger erster Baustein auf dem Weg aus der Abhängigkeit. Wenn das Denken nicht mehr ständig vom Suchtmittel bestimmt ist, wird der Kopf frei, um Maßnahmen gegen die andere Komponente des Cravings - den "Trinkdrang" (psychisches Craving) zu entwickeln.

Die Idee, die hinter der Baclofen-Therapie steht, ist also

a) über die "Beruhigung" der GABA-B-Rezeptoren langfristig einen ausgeglichenen, entspannten, relaxten Zustand herzustellen, damit extreme Stress-Situationen, Spannungen, Ängste und Verstimmungen etc., die einen zur Flasche greifen lassen, gar nicht erst aufkommen und

b) das körperliche Verlangen nach Alkohol (physisches Craving) einzudämmen, um die zwanghafte Komponente des abhängigen Trinkens ein Stück weit auszuschalten.

Erfahrungsgemäß ist es - zumindest in der Anfangsphase - daher wichtig, möglichst einen gleichmäßigen Baclofenspiegel über den Tag verteilt aufzubauen (z. B. mit drei bis vier Einnahmezeitpunkten im Abstand von +/- 4 Stunden) und das Medikament dabei langsam in kleinen Schritten aufzudosieren. Wie man dabei am besten vorgeht, steht im Leitfaden für die Anwendung bzw. in den auf die jeweilige Tablettenstärke zugeschnittenen Dosierungstabellen hier im Forum, die sich als gute Orientierungshilfen erwiesen haben.

Einen ersten Überblick rund um das Medikament bietet unsere Rubrik Baclofen erste Schritte, konkreter im Baclofen-Arztkoffer und Alles Wichtige auf einen Blick.

Lesenswert und aufschlussreich ist auch der Artikel "Ist Alkoholsucht doch heilbar?", den man auch online im PTA-Forum finden kann. Und natürlich das Buch "Das Ende meiner Sucht" von Olivier Ameisen. Der Kardiologe Olivier Ameisen war selbst betroffen und hat Baclofen als Therapieoption bei Abhängigkeitserkrankungen (wieder)entdeckt. Das Buch ist spannend zu lesen! Du kannst die E-Book-Version des Buches auch kostenlos über dieses Forum "ausleihen". Bei Interesse schreibe mir bitte einfach eine PN (Private Nachricht).

Eine Mail mit Arztvorschlag für Deine Region ging soeben raus, und zwar an an die Mail-Adresse, mit der Du Dich in unserem Forum registriert hast. Ganz viel Erfolg bei Deiner in jetzt hoffentlich bald beginnenden Baclofen-Therapie wünscht

DonQuixote


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