Neuvorstellung

Es wird eigentlich erwartet, dass sich Mitglieder vorstellen und ihre Lebensumstände schildern, damit die anderen in Etwa wissen, mit wem sie es zu tun haben und ihm dann auch besser helfen können.
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Anni24
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Neuvorstellung

Beitragvon Anni24 » 25. August 2016, 17:48

Hallo, ich möchte mich bei euch einmal vorstellen.
Ich bin 51 Jahre, weiblich, verheiratet, 2 erwachsene Kinder.
Immer schon habe ich gerne gefeiert und etwas getrunken und das hielt sich ganz gut in Grenzen. Leider läuft es seit ca.5 Jahren mit meinem Trinkverhalten komplett aus dem Ruder. Ich denke es damit zusammen, dass wir einige Todesfälle in der nahen Familie hatten (Schwiegervater, -mutter, Krebserkrankung und -tod der Schwester), seit dem ist das Trinken "normal" geworden.
Zurzeit trinke ich ca. 1,5 bis 2 L Wein oder Sekt pro Tag. Das Trinken beginnt immer erst ab Mittag, wenn ich von der Arbeit komme. Ich habe einen sehr verantwortungsvollen Job, der einiges abverlangt. Morgens denke ich meist, heute trinkst du aber nichts, doch sobald ich von der Arbeit nach hause komme und weiß, dass ich nicht mehr Autofahren muss, greif ich wieder zur Sekt-/Weinflasche. Allmählich macht mich das kaputt. Ich merke auch, dass ich mich bei der
Arbeit schlechter konzentrieren kann und mir unterlaufen in der letzten Zeit manches Mal Fehler, die ich vorher nie gemacht habe.
Nun habe ich den Beitrag über Baclofen im Fernsehen (Plusminus ARD) gesehen und möchte fragen, ob ihr mir Ärzte nennen könnt, die in meiner Nähe praktizieren und Baclofen verschreiben. Da ich auch familiär sehr eingespannt bin (Mutter braucht Pflege) wäre das eine prima Alternative für mich.
Vielen Dank im Voraus Anni [help]

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Papfl
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Re: Neuvorstellung

Beitragvon Papfl » 25. August 2016, 18:29

Hallo Anni!

Herzlich willkommen im Forum [hi_bye] ! Schön, dass Du da bist [smile] .

Anni24 hat geschrieben:Nun habe ich den Beitrag über Baclofen im FS gesehen und möchte fragen, ob ihr mir Ärzte nennen könnt, die in meiner Nähe praktizieren und Baclofen verschreiben.

Ich relativiere das Ganze mal ein bisschen:

Baclofen ist keine Wunderpille, die man schluckt und alles wird von alleine gut. Das Medikament kann aber die ständigen Gedanken an Alkohol und das unbändige Verlangen ("Craving"), das über kurz oder lang dazu führt, dass Betroffene wieder zur Flasche greifen, eindämmen.

Wie es das macht, wird unter anderem in unserem Craving-Thread erklärt.

Baclofen schlägt einem das Glas also nicht aus der Hand, aber es kann Betroffenen die Entscheidungsfreiheit zurück geben: Im Idealfall MUSS man nicht mehr zwingend trinken, weil man gegen das Verlangen machtlos ist. Man KANN sich wieder FREI entscheiden, ob man trinken möchte, oder ob man es lieber lässt.

Stattdessen braucht es dann natürlich andere Alternativen, die einem das geben, was bislang der Alkohol geleistet hat. Belohnung, Entspannung, Müdigkeit, "Kicks", "Glücksgefühle", Hemmungslosigkeit, Ausschalten von Ängsten, etc...Alkohol kann viele Funktionen übernehmen.

Das ist dann die eigentliche "Arbeit an sich selbst", an der über kurz oder lang niemand vorbei kommt. Dafür kann Baclofen den Kopf frei machen - nicht mehr, aber auch nicht weniger [smile] . Deshalb kann auch eine begleitende Psychotherapie, in der alternative Strategien statt Alkoholkonsum erarbeitet werden, sehr hilfreich sein.

Hast Du denn eigene Therapieerfahrungen? Oder warst Du schon mal auf Entgiftung oder Entwöhnung?

Generell gilt: Baclofen langsam in kleinen Schritten in Anlehnung an den Leitfaden für die Anwendung oder die Dosierungstabellen hier im Forum aufdosieren, bis erste Nebenwirkungen auftreten oder das Craving verschwindet. Die Nebenwirkungen sind häufig "nur" erhöhte Müdigkeit oder ein bisschen "Neben-Sich-Stehen"...also nichts Weltbewegendes.

Dann auf dieser Stufe (bei der die ersten Nebenwirkungen aufgetreten sind) verharren. In der Regel verschwinden die Nebenwirkungen nach wenigen Tagen wieder. Besteht nach wie vor Craving ("Trinkverlangen"), dann sollte die Dosis - nachdem die Nebenwirkungen abgeklungen sind - langsam weiter gesteigert werden, bis erneut Nebenwirkungen auftreten. Dann wieder innehalten und so weiter [schritte] .

Irgendwann kommt man an einen Punkt, an dem die Nebenwirkungen auch nach ein oder zwei Wochen nicht mehr verschwinden. Etwas unterhalb liegt dann die ideale individuelle Erhaltungsdosis. Im Idealfall pendelt es sich so ein, dass man bei der idealen persönlichen Erhaltungsdosis kein oder kaum Craving ("Trinkverlangen") und keine oder kaum Nebenwirkungen hat.

Da Du ja momentan noch trinkst (anderthalb bis zwei Flaschen Wein/Sekt pro Tag), an dieser Stelle der Hinweis, dass abruptes Absetzen von Alkohol gefährlich sein kann (Stichwort: Krampfanfall, Delir). Wahrscheinlich müsstest Du nach der Methode "So viel Alkohol wie nötig, so wenig wie möglich" beginnen. Das würde bedeuten, dass Du Baclofen langsam in Anlehnung an den Leitfaden für die Anwendung bzw. die Dosierungstabellen hier im Forum einschleichst und parallel dazu versuchst, den Alkohol zu reduzieren (jeden Tag ein bisschen weniger). Da Alkohol und Baclofen - vereinfacht gesagt - biochemische Gegenspieler sind und sich gegenseitig antagonisieren ("neutralisieren"), dauert es auf diesem Weg in der Regel etwas länger, bis sich erste Erfolge abzeichnen.

Was die Baclofen-Therapie von der traditionellen Suchttherapie unterscheidet, wird hier erklärt. Ganz interessant ist auch die Erklärung, warum Baclofen kein Alkoholersatz ist.

Einen ersten Überblick rund um das Medikament bietet unsere Rubrik Baclofen erste Schritte, konkreter im Baclofen-Arztkoffer und Alles Wichtige auf einen Blick.

Lesenswert und aufschlussreich ist auch der Artikel "Ist Alkoholsucht doch heilbar?", den man auch online im PTA-Forum finden kann. Und natürlich das Buch "Das Ende meiner Sucht" von Olivier Ameisen. Der Kardiologe Olivier Ameisen war selbst betroffen und hat Baclofen als Therapieoption bei Abhängigkeitserkrankungen (wieder)entdeckt. Das Buch ist spannend zu lesen! Du kannst die E-Book-Version des Buches auch kostenlos über dieses Forum "ausleihen". Bei Interesse schreibe das bitte einfach in die Private Nachricht (PN) an @DonQuixote mit rein, wenn Du ihn um eine Arztadresse bittest.

Womit wir beim Thema wären:

Da wir unsere Arztadressen aus naheliegenden Gründen nicht öffentlich rausgeben, möchte ich Dich bitten, @DonQuixote (er verwaltet unsere Arztadressen) kurz mit einer Privaten Nachricht (PN) anzuschreiben und ihm Deinen Wohnort samt Postleitzahl mitzuteilen. Er wird sich dann bei Dir mit allen Infos melden.

Alles Gute einstweilen!

Papfl
„Der Hori­zont vie­ler Men­schen ist wie ein Kreis mit Radius Null. Und das nen­nen sie dann ihren Stand­punkt."
Albert Ein­stein (1879 - 1955)

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Anni24
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Re: Neuvorstellung

Beitragvon Anni24 » 25. August 2016, 18:39

Genau das möchte ich. Erst einmal den Kopf frei haben vom Alkohol und dann an meinen anderen Baustellen (Trauerbewältigung, Belastung bei der Arbeit) arbeiten. Deshalb wäre ich euch sehr dankbar, wenn ihr mir Ärzte in meier Nähe nennen könntet.

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DonQuixote
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Re: Neuvorstellung

Beitragvon DonQuixote » 25. August 2016, 20:15

Hallo Anni

Willkommen in unserem Forum. Und:

Anni hat geschrieben: … und möchte fragen, ob ihr mir Ärzte nennen könnt, die in meiner Nähe praktizieren und Baclofen verschreiben.

Selbstverständlich können wir das. Eine Mail mit Arztempfehlung für Deine Region ging soeben raus. Alles Gute für Deine Baclofen-Therapie wünscht schon mal der

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Bine
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Re: Neuvorstellung

Beitragvon Bine » 25. August 2016, 23:00

Hallo Anni,
das kommt mir sehr bekannt vor, jetzt...., wo ich deine Kurzgeschichte gelesen habe.
Auch bei mir war es so. Erst ist meine Mutter an Krebs erkrankt und nach 2 Jahren gestorben, die Trauer noch nicht mal angefangen zu bewältigen (musste mich ja auch noch um meinen armen trauernden Vater kümmern), dann ist mein Schwiegervater von Krebs angefallen worden, auch nach 2 Jahren gestorben und dann meine Schwägerin, die auch meine beste Freundin war, und auch nach zwei Jahren und trotz Chemo und Operationen wie alle anderen auch einfach weg gestorben mit 39Jahren.
Gut, das ist jetzt schon lange her, 2001 war meine Mutter weg, 2003 mein Schwiegervater und 2008 meine Schwägerin.
Aber als ich Deins hier gelesen habe fiel mir ein, ich habe es auch nicht mehr ertragen können,
immer für alle anderen stark zu sein, meine Tochter war ja auch noch jung und Kind und ich hatte das Gefühl das ich wenigstens sie hoch halten könnte und sie vor dieser Trauer beschützen könnte.
Und jetzt kommt diese Trauer grad wieder, ich dachte ich hätte sie erfolgreich verdrängt, aber im Grunde durfte ich nie Trauern, sondern musste immer stak sein, denn andere hatten ja auch Familienangehörige verloren. Und ich war "Nebensache" Hauptsache ich funktioniere.
Und so habe ich mir dann auch eine Auszeit mit Alk genommen, was dann aber richtig ausgeartet ist,
hab aber immer gut für andere funktioniert.

Dann irgendwann kam die erste Entgiftung, war auch über ein Jahr "TROCKEN" oder wie meine Schwester sagte wohl geheilt !
Weit gefehlt, meine zweite und hoffentlich letzte Entgiftung im Krankenhaus war im
September 2015 und Mitte dieses Jahres habe ich gemerkt das ich schon wieder auf bestem Weg bin zur nächsten Entgiftung.
Und dann bin ich auf Baclofen gestossen, war beim Hausarzt (der kennt meine Trinkerkarriere), und er hat es mir dann zum Glück auch verschrieben und nebenbei bin ich auch hier gelandet.
Bis jetzt läuft es ganz gut muss ich sagen, es tut sich was.....dass Verlangen wird weniger,
ich werde abwarten und Geduld haben .......
Aber durch deine Zeilen hat sich was in mir bewegt, da sind wohl doch noch n paar Baustellen mit denen ich mal richtig abschliessen sollte, ich hatte die fast vergessen, nein besser gesagt: Auf Halde gelegt.
Danke für deine Vorstellung und ich wünsch dir viel Erfolg mit Bac und deinen Baustellen.
Ganz lieben Gruss an dich
Bine


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