
Also erstmal zu den Gegebenheiten:
Ich bin wie Goethe und trinke jeden Abend eine Flasche Rotwein, nur leider bin ich dabei nicht so brilliant wie er. Meine Leberwerte dürften noch in Ordnung sein, körperliche Entzugserscheinungen hatte ich noch nie, aber ich bin trotzdem alles andere als glücklich mit der Situation. Denn eigentlich will ich gar keinen Alkohol mehr trinken. Ich ernähre mich sonst eigentlich ziemlich gesund, treibe Sport und von außen sieht man mir mein Doppelleben (noch) nicht an. Ich wünschte mir, ich könnte auch den Alkohol aus meinem Leben verbannen, denn der passt so gar nicht in meinen sonstigen Lebensstil und eigentlich würde ich gerne mindestens 90 werden. Ich habe mich von Anfang an schuldig gefühlt, wenn ich getrunken habe (bis auf wenige Gelegenheiten) und war eigentlich nie der Meinung, Alkohol sei wirklich etwas, das man zum Leben braucht. Trotzdem bin ich immer tiefer im Sumpf versunken. Ich dachte immer, ich könne manche Dinge einfach nicht ertragen, wenn ich mir nicht eine gelegentliche Auszeit nehmen könnte. Manchmal hab ich den Stoff sogar angewidert in mich hineingezwungen, da das Trinken immer noch besser zu sein schien als die Realität. Manchmal hab ich es dann doch wieder genossen im Sinne einer blöden Rebellion wie "hehe, ihr brecht mich nicht, ich mach mich mit meinem Bewusstsein mal einfach kurz vom Acker".
Ich trinke nichts Hartes und "eigentlich" trinke ich auch niemals tagsüber. So, da war es, das böse Eigentlich. Denn in letzter Zeit bröckeln auch da meine Hemmungen. Ich bin tagsüber oft alleine, stehe unter wahnsinniger Anspannung, weil ich eigentlich in 6 Wochen meine Abschlussarbeit abgeben müsste und bis dahin noch am besten einen Job bräuchte, und statt mich dem Problem auseinanderzusetzen, hau ich immer mehr ab. Und jeden Tag sag ich mir: heute wird es anders. Also dann, auf ein neues: heute wird es anders.
Ich bin übrigens in psychotherapeutischer Behandlung und hab es da lange auch geschafft, mich dem Wein nicht mehr so zuzuwenden. Allerdings nur mit Hilfe von Neuroleptika

1. Tag mit Selincro (vor einigen Wochen): Es war ein Samstag. Ich war alleine und es zwar so ca. gegen 19 Uhr. Ich muss dazu sagen, dass ich an dem Tag kaum etwas gegessen hatte und schon am ersten Glas Wein genippt habe. Soll laut Packungsbeilage ja möglich sein. Das Medikament begann schnell zu wirken (so 20 min vielleicht). Auf einmal fühlte sich das Glas Wein wie eine ganze Flasche Wein an und ich fühlte mich gar nicht mehr gut. Ich versuchte noch ein wenig aufzuräumen, aber das war bald nicht mehr möglich. Der Gedanke, auch nur einen einzigen weiteren Schluck Alkohol zu trinken, erschien mir ... es wäre irgendwie gar nicht mehr gegangen! Das könnte aber auch daran liegen, dass insgesamt gar nichts mehr ging, denn es ging mir immer schlechter, also legte ich mich ins Bett. Es wurde eine furchtbare Nacht. Der Schwindel wurde nach einer Weile besser, aber mir war dermaßen übel, dass es nicht mehr feierlich war. Außerdem habe ich bis zum Morgen kein Auge zugemacht. Tut mir leid, liebes Selincro, aber das war gar nichts

Ich glaub, ich muss mal zwischenspeichern
