Suche dringend einen Arzt für meinen Mann

[Julia]

Hallo, ich war noch nie in einem Forum oder online Chat und weiß nicht
richtig wie das funktioniert. Ich schreibe hier nur kurz ein paar Worte zu
meiner Geschichte, eigentlich geht es um meinen Mann. Ich selbst bin nicht
Alkoholabhängig, vermutlich Coabhängig, mein Mann ist schwerer Alkoholiker,
nicht trocken. Wir haben uns im Frühjahr 2016 kennen gelernt, damals war er
trocken seit 4 Jahren etwa. Er hat von Anfang an mit offenen Karten
gespielt und nie ein Geheimnis aus seiner Sucht gemacht. Ich selbst bin
Altenpflegerin von Beruf und dachte mir wohl nicht wirklich viel dabei eine
Beziehung mit einem Alkoholiker anzufangen. Aber es war Liebe auf den
ersten Blick. Wie anstrengend und kräftezehrend das ist, wurde mir erst
allmählich bewusst mit jedem Rückfall etwas mehr.
Letztes Jahr waren es etwa 10 Rückfälle, so viel dazu.
Es waren bis auf einen qualifizierten Entzug von zwei Wochen nur jedes mal
stationäre Entgiftungen. Jedes mal eine neue scheiße an Antidepressiva,
mein Mann macht sich gut als Versuchskarnickel.
Der Opa väterlicherseits und der leibliche Vater meines Mannes sind
ebenfalls Alkoholiker. Um nur einen groben Einblick in die Kindheit und
Jugend meines Mannes zu geben, Kindesmisshandlung durch seinen Vater ist
ein großes Thema, auch hat seine Mutter viel Gewalt durch seinen Vater
erfahren, bis er seinem Vater fast die Kehle durchgeschnitten hat, nachdem
er seine Mutter durch körperliche Gewalt auf die Intensivstation gebracht
hat. Mein Mann ist dafür belangt worden.
2005 wurde mein Mann Vater eines bestimmt tollen Jungen, die Mutter des
Jungen hat sich ein paar Tage nach der Entbindung mit allem Geld und Sack
und Pack aus dem Staub gemacht. Der Junge erkrankte schwer an Leukämie und
mein Mann wohnte praktisch 3 Jahre mit ihm im Krankenhaus in Spanien bis er
sein Leiden beendeten ließ und aktive Sterbehilfe als einzige Gnade für
sein Kind befürwortete.
In dieser Zeit fing er an zu trinken, für mich absolut verständlich, ich
hätte mir vermutlich einen Strick genommen.
In Spanien haben sie ihn zum Entzug in die geschlossene Psychiatrie
gesteckt und so zugepumpt mit Lyrica, das ist in Deutschland gar nicht
zulässig in dieser Dosierung, als Altenpflegerin bin ich nicht ganz
unwissend über sowas. Geholfen hat es auch nicht dauerhaft. Im Entzug hatte
er vor unserer Zeit bereits zwei mal einen Krampfanfall beim kalten Entzug
zu Hause und musste reanimiert werden. 2011 kam er zurück nach Deutschland
und wurde 2013 und 2015 noch einmal Vater, bis 2013 hatte er Rückfälle,
wurde unter anderem mit Doxepin und Amitryptillin behandelt. Bis 2016 als
wir uns kennen gelernt haben war er trocken.
Mein Mann war nie wieder in Spanien am Grab seines Sohnes und seine Ex
verbat ihm zu trauern, dann kam ich ...
Ich wollte mit ihm nach Spanien auf den Friedhof und mit ihm seine
Geschichte anfangen aufzuarbeiten und seine Trauer zu bewältigen. Das war
der Anfang von einer Odyssee an Rückfällen, mehrere Therapeuten und jede
Menge Antidepressiva, bald alles was die Pharmaindustrie zu bieten hat
unter anderem dann auch noch die Benzoschiene wie Oxazepam, Diazepam und
Tranxillium und lauter so Zeug.
Nichts bringt ihn oder uns auf einen grünen Zweig. Vor einer Weile bin ich
dann auf Baclofen Offlabel gestoßen, aber wir finden keinen Arzt der sich
darauf einlässt. Das ist der letzte Versuch mit Medikamenten etwas zu
erreichen und ich hoffe von euch einen nicht allzu weit entfernten Arzt
gesagt zu bekommen. Danach gibt es hoffentlich nicht, aber dann steht nur
noch eine Behandlung nach Dowschenko zur Auswahl.
Julia

[shelf]

Hallo und willkommen Julia,

um einen Baclofen verschreibenden Arzt in deiner Nähe zu finden, schicke bitte eine
PN (private Nachricht) an unseren (Postleitzahl/Wohnort angeben).
Er wird sich dann, so schnell er kann, bei dir melden.

Hinweis zu PN:
Nicht wundern wenn die PN im Postausgang "liegen bleibt".
PN werden nicht "gesendet", sondern quasi zur "Abholung bereitgelegt".
Sobald der Empfänger sie "abgeholt" hat, rutschen sie in "gesendet".

In eurer Situation wird es naturgemäß zusätzlich schwierig, da Baclofen sich in einem bestehenden Medikamentencocktail nicht gut macht.

Ich lese aus deiner Beschreibung dass bei deinem Mann die Angst sich "richtig" mit dem Tod (bzw dem damaligen Sterben) seines Sohnes im Vordergrund steht.
Wie du geschrieben hattest war er ja 4 Jahre trocken bis das Thema auf den Tisch kam.
Es klingt vielleicht herzlos, aber du wirst ihn wohl dazu "zwingen" müssen sich dem zu stellen.
Gegen unbewältigte Trauer und unterdrückten seelischen Schmerz ist Baclofen machtlos.
Es kann bei dieser Arbeit sehr wohl unterstützen, diese aber nicht überflüssig machen.


LG

[Julia]

Guten Morgen!
Im Augenblick schluckt er gar nichts mehr, sondern säuft sich die Hucke voll und ist nicht mehr fähig zu arbeiten. Sein Hausarzt hat ihn beim letzten mal auf Campral eingestellt, aber das hat auch nur bedingt geholfen.
Dass er den Tod seines Sohnes ver- und aufarbeiten muss ist mir klar, ihm auch, aber die Angst und der Saufdruck halt. Dazu kommt meiner Meinung nach noch seine Kindheit, die leider die schlechten Grundsteine gelegt hat. Der Weg aus einer Sucht ist kein Zuckerschlecken! Respekt an jeden einzelnen der es schafft und auch Respekt an diejenigen die nach vielen Niederlagen nicht aufhören zu kämpfen. Auch ich habe eine jahrelange Drogenkarriere hinter mir und weiß wovon ich rede!

[shelf]

[Julia]

Ich oder wir haben große Hoffnung in Baclofen, Dowschenko ist mir etwas unheimlich und ich hoffe nicht dass wir zu so drastischen Mitteln greifen müssen

[shelf]

[Julia]

Hast du mal im Internet geschaut? Das wird auch bei Alkohol angewendet! Und mein bekloppter und verzweifelter Mann steigt sonst in den Flieger nach Russland. Es geht ja nicht mal darum dass er das nach deutschem Standard machen will, sondern gleich da drüben. Nach der Dowschenko Methode wird das Suchtgedächtnis gelöscht, weg, als wäre es nie da gewesen. Die Vorstellung ist ja schön und bequem auf jeden Fall auch, aber daran kann man sterben oder den Rest seines Lebens vor sich hin sabbernd als Schwerstpflegefall enden. Also alles was gut und schön ist, aber Schwerstpflegefall zu sein wünsche ich keinem. Ich bin Altenpflegerin, wie in meiner Vorstellung kurz erwähnt, ich habe tagtäglich mit solchen Menschen zu tun, auch wenn ich diesen Menschen alle meine Liebe gebe um sie zu pflegen, das hat mit Leben nichts mehr zu tun.

[Julia]

Entschuldige bitte wenn meine Antwort etwas giftig rüber kommt, meine ich nicht so. Aber ich bin absolut verzweifelt und am Ende meiner Kräfte.

[shelf]

Ach was, das lege ich nicht auf die Goldwaage. Ich kann dir das nachfühlen.

Nach Dowschenko wird keinesfalls das Suchtgedächtnis gelöscht.
Das geht schon mal deswegen nicht weil es ein "Suchtgedächtnis" nicht gibt.
(führe ich jetzt nicht weiter aus, nimm es bitte erstmal so)

Nach Dowschenko wird eine "Verknüpfung" zwischen Alkoholkonsum und negativem Empfinden hergestellt.

Die Infos im Netz gehen von "da werden Spritzen gegeben" über Hypnose bis "da wird ein Gerät implantiert".

Dein Mann ist (so habe ich es verstanden) Spiegeltrinker. Das ist schon ein ziemliches Ausschlusskriterium denn bei einem Rückfall würde ihn das direkt in Krampfanfälle und Delir führen.
Zudem trinkt er um die traumatischen Erinnerungen zu dämpfen.
Das würde er immer wieder versuchen, egal wie unangenehm die "Nebenwirkungen" sind.
Wenn er weiß dass ihn das umbringen kann nimmt ihm das jeglichen Grund nicht rückfällig zu werden, denn am Ende stünde für ihn die "Erlösung".

Das Thema lässt mildere Worte leider nicht zu. Sorry.

LG

[Julia]

Da hast du wohl recht. Wir haben zum Glück zwei getrennte Wohnungen, im Moment ist jeder in seiner. Es ist das erste mal dass ich ihm nicht hinterher renne mit allem Scheiß und ihn einfach machen lasse. Vielleicht muss er richtig stürzen um endlich endgültig die Kurve zu kriegen. Bis dahin hoffe ich dass ich einen willigen Arzt gefunden habe, sonst säuft er sich tot. Bei ihm ist ein Alkoholspiegel von 3,5 Promille und mehr gerade so Erhaltungslevel und da ich nicht bei ihm bin wird er deutlich mehr getrunken haben. Ich lag vor 15 Jahren mit diesem Alkoholspiegel auf der Intensivstation...

[shelf]

Bei Spiegeltrinkern ist "stürzen lassen" eine Idee die das Problem endgültig lösen kann.
Wenn er mit dem Spiegel so weit runter kommt dass er es nicht mehr schafft einkaufen zu gehen folgen Krampfanfälle, Delir und Tod. Das löscht dann sogar das nicht vorhandene Suchtgedächtnis.
Das ist immerhin das was die Gesellschaft am liebsten sieht...

"Hamm se schon gehört? Der Säufer hat sich nun doch totgesoffen." - "Das schadet dem garnüscht!"
Dass er sich nicht totgesoffen hat sondern am Entzug verreckt ist will eh keiner hören.
Da war er eben willenlos wenn ihn so ein Bissel einfach umhaut.

Bin ich kein großer Fan von.
Das ist kein Vorwurf an dich! Du kannst dich ja nicht auch noch mit "alle" machen.
Bei dem Alkoholspiegel ist eine Entgiftung unumgänglich, denn so würde Baclofen eher schaden als nützen.

LG

[Julia]

Ich weiß dass stürzen lassen sehr kontraproduktiv ist, aber das längste was er letztes Jahr trocken geschafft hat, waren 3 oder 4 Wochen, ich habe mittlerweile 30000€ Kredit für ihn am laufen und finanziere seinen Lebensunterhalt seit über einem halben Jahr zusätzlich fast allein. Mein Mann ist oder sollte selbstständig sein, ein längerer stationärer Aufenthalt kommt für ihn nicht in Frage, wäre in meinen Augen dringend und zwingend nötig. Er nimmt jedesmal seine Bude auseinander und kurz vor Ultimo droht er allen mit Suizid. Das geht absolut an die Substanz. Ich bin ihm jedesmal hinterher gerannt und das Ende vom Lied war, er säuft weiter. Er bricht jeden Entzug ab sobald der Kopf klar wird, weil er meint, den Rest schaffft er allein.
Egal wie hart manch ein Wort von dir ist, es ist ehrlich und ich bin dankbar. Ich bin dankbar endlich mal einen Ort gefunden zu haben wo ich darüber reden kann. Ich bin selbst jahrelang Drogenabhängig gewesen, Heroin war auch dabei, ich weiß also durchaus was es heißt süchtig zu sein. Ich bin seit über 10 Jahren clean

[shelf]

Gibt es eine Beratungsstelle in deiner Stadt?
Es gibt bei angedrohtem Suizid die Möglichkeit einer Zwangseinweisung.
Ist er erstmal wieder trocken solltest du ihn damit konfrontieren dass du seine Sucht nicht mehr finanzieren wirst.
Kredit für's "sich auf der Sucht ausruhen" muss er schon selber aufnehmen.

Innerhalb der Familie ist es völlig legitim zu helfen, aber das muss auch Grenzen haben.
Ich konnte glücklicherweise jedesmal wo "unterkriechen" wenn es wieder so weit war und wurde in der Zeit bis zum Entgiftungstermin (meist ca 2 Wochen) mit allem Nötigen (also auch Alkohol) versorgt.
Auch die ersten Tage nach der Entgiftung wurden mir sehr erleichtert.
Da sind wir auch wiedermal bei der Sache mit dem Wald. Ich war, solange mein Zustand das zuließ, auch immer für alle da. Es war also geben und nehmen.

Das sehe ich bei euch nicht. Auch wenn du weißt wie die Welt von der anderen Seite des Spiegels aussieht musst du einen Schlussstrich ziehen wenn es anfängt dir selbst zu schaden.
Du hast ihm das Recht eingeräumt deine Hilfe in Anspruch zu nehmen, nicht aber das Recht dein Leben zu zerstören.

Wie schon gesagt, Beratungsstelle - Möglichkeiten beleuchten - handeln.
Du übernimmst aktuell die Verantwortung für einen Erwachsenen. Rechtlich bist du dazu weder verpflichtet noch berechtigt!

LG

[Julia]

Ja, das ist der Punkt. Das meine ich mit stürzen lassen. Und im Augenblick ist er im freien Fall. Mich hat vorhin ein bekannter angerufen, von dem ich bis jetzt keine Telefonnummer hatte, der erzählt mir dass er sich verabschiedet hat. Das Theater hab ich jetzt mehr als 10 mal letztes Jahr durch. Ich liebe diesen Menschen, den nicht saufenden. Habe jetzt schon versucht an die Nummer von seinem leiblichen Vater ran zu kommen um ihn einfach mit seiner Vergangenheit zu konfrontieren, irgendwas damit er endlich aufwacht. Das gestaltet sich als im Moment nicht möglich, ich weiß nicht mal wie der heißt. Ich werde jetzt mit Freunden hin fahren und schauen wieviel Restblut er im Alkohol hat und ihn hoffentlich in mein Auto prügeln und ihn mit nach Hause zum Entzug nehmen. Ich hab alle Medikamente zu Hause dafür, einschließlich Keppra.
Warum kann man nur sein Herz nicht einfach ausschalten

[shelf]

[Julia]

Ja

[Julia]

Jetzt war ich vorhin dort weil er Gott und der Welt mit Suizid gedroht hat, alle sind in großer Sorge, ich natürlich auch, aber ich bin doch schon ein Stück abgestumpft, er ist noch nicht genug weit unten, er will keine Hilfe. Abwarten und bangen, dass er diesmal nicht ernst macht. Ich hab schon zwei mal den Rettungsdienst gerufen, die fühlen sich auch verarscht, also lasse ich es und bete dass er nicht ernst macht

[Julia]

Ich sag ja Coabhängig

[shelf]

[Julia]

Ja ich hab schon zwei mal die Rettung gerufen, der Herr hat blöd gemacht... Fakt ist, sein Vater hat ihn als Kind in die Räucherkammer eingeschlossen, dort konnte er nicht mal aufrecht stehen, über mehr als 12 Stunden und das immer wieder, er hat ihn mit einem Gummiknüppel verprügelt wie ihn die NVA benutzt, mein Mann ist Ossi, wenn ich ihn einweisen lasse, setze ich ihn seinen Phobien aus, das kann ich nicht, auch wenn er in meinen Augen dringend psychiatrische Hilfe benötigt