Michaels Erfahrung mit Baclofen (Alkohol und Bulimie)

Eigene Erfahrungsberichte zu Baclofen und Alkohol
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miboe
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Michaels Erfahrung mit Baclofen (Alkohol und Bulimie)

Beitragvon miboe » 4. Oktober 2016, 18:06

Hallo,

ich möchte mich hier vorstellen und meine ersten Erfahrungen mit Baclofen beschreiben. Ich lebe in Hemer im Sauerland. Bin 52 Jahre alt. Nach über 30 jähriger Alkoholabhängigkeit mit vielen ambulanten und stationären Behandlungen (Therapien) ohne anhaltenden Erfolg, hatte ich meinen letzten Tiefpunkt in den 10 Tagen vor dem 02.08.2016. Ich musste danach vom 02.08. bis zum 10.08. in die Paracelsus-Klinik zur Entgiftung.
Ich hatte einen Alkoholpegel von 3, 4 Promille um 14:00 Uhr. Und das war Restalkohol vom Vorabend. Ab dem 10.08. bis zum 08.09.2016 war ich dann in der Hans-Prinzhorn-Klinik (Sucht-, Depressionen-, Trauma- usw. –Behandlungen u. Psychiatrie) In dieser Zeit hat sich meine Lebensgefährtin im Internet schlau gemacht, weil ich schon seit langem versuche Baclofen zu bekommen.

Sie hat dann dieses Forum gefunden und ist mit DonQuixote unter dem Nick Anka80 in Verbindung getreten. Er hat ihr dann für meinen Bereich die Adresse eines Suchtmediziners geschickt. Am 30.09. bin ich dann bei diesem gewesen. Die telefonische Kontaktaufnahme war völlig unkompliziert. Man kann ohne Anmeldung jeden Tag in der Arbeitswoche ab 11:00 h zu ihm kommen. Ab da kümmert er sich um Suchtkranke. Da ich bis zu diesem Arzt 41 Kilometer fahren muss, war ich schon um 10:30 Uhr da. Um 10:40 Uhr kam ich schon dran. Er nahm sich ca. 25 Minuten für mich Zeit. Nachdem ich ihm meine Suchtgeschichte kurz erzählt hatte, ihm mitteilte, dass ich im Blauen Kreuz (seit 12 Jahren) bin und eine ambulante Therapie mache (seit 3 Jahren), was alles bisher absolut nichts gebracht hat, kam er direkt auf Baclofen zu sprechen. Er hat mir Einiges dazu erklärt, gefragt ob ich es haben möchte, einen Dosierungsvorschlag ausgehändigt und dann das Rezept gegeben. Ich musste keine Erklärungen bzgl. Regressansprüchen oder Ähnlichem unterschreiben.

Bei mir kommt nun dazu, dass ich an einer ausgeprägten Bulimie leide (etwa eben so lange wie die Alkoholabhängigkeit). Diese hat schon in der Speiseröhre zu Barett (Vorstufe zum Speiseröhrenkrebs) geführt. Davon weiß ich nun seit etwa 4 Wochen. Der Arzt gab an, er habe in Richtung Bulimie noch keine Erfahrungen mit Baclofen. Jedoch habe er gehört, dass auch da bereits Ergebnisse erzielt wurden.

Er verschrieb mir für den Anfang 2 X 5 mg Baclofen pro Tag (in den ersten fünf Tagen). Nun habe ich den Fehler gemacht und bin von 5 mg pro Tablette ausgegangen, ohne richtig auf die Packungsaufschrift zu achten. Somit habe ich in den ersten Tagen 20 mg statt 10 mg pro Tag genommen. Dies hatte aber keine Nachteile oder Nebenwirkungen.

Jetzt kommt es: Habe ich vorher 10 – 12 mal am Tag erbrochen, so war es schon am zweiten Einnahmetag nur noch einmal. Heute am 4. Einnahmetag habe ich gar nicht erbrochen. Ich habe vorher zig Male meine Schränke geöffnet und geschaut was ich als Nächstes essen könnte. Außerdem hatte ich keine Chance mehr, sobald ich Schokolade oder Gebäck aß. Da wurden es schon mal 1 Kg Schokolade und eine ganze Menge Gebäck (Kuchenrollen und Ähnliches) pro Tag. Die Gedanken kreisten nur ums Essen und um Alkohol. Die letzten Wochen habe ich nur überstanden (bzgl. Alkohol), weil meine Freundin bei mir durchgehend übernachtet hat und auf mich Acht gab.

Ich weiß nun nicht, ob es ein Placebo-Effekt ist, oder ob es schon am Baclofen liegt, aber meine Gedanken kreisen jetzt schon kaum noch um Alkohol oder die Frage, was ich als Nächstes essen könnte und ich verspüre im Moment keinen Suchtdruck. Auf Nachfrage erklärte der Arzt, dass er beim nächsten Termin auch meiner Freundin Baclofen verschreiben würde (nach Beratung durch ihn), da diese auch seit Jahren an Bulimie leidet.

Gruß,
Michael

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Papfl
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Re: Michaels Erfahrung mit Baclofen (Alkohol und Bulimie)

Beitragvon Papfl » 4. Oktober 2016, 20:05

Hallo Michael!

Auch Dir ein herzliches Willkommen im Forum [hi_bye] ! Schön, dass Du da bist [smile] .

Und vielen Dank für Deinen ausführlichen Erfahrungsbericht [good] . Solche Infos sind sehr wertvoll.

Toll, dass Du schon erste Erfolge mit Baclofen erzielen konntest. Dass dieses Medikament auch bei Bulimie recht erfolgreich eingesetzt werden kann, erhärtet sich immer mehr. Vielleicht magst Du diesbezüglich auch mal einen Blick in werfen.

Auch wenn Dein anfänglicher "Dosierungs-Faux-Pas" mit Blick auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAWs) keine negativen Auswirkungen hatte, wäre es gut, Dich künftig was die Aufdosierung anbelangt an den bzw. die auf die jeweilige Tablettenstärke zugeschnittenen hier im Forum zu halten.

Wichtig ist es, während der Aufdosierungsphase immer aufmerksam in sich reinzuhören: Habe ich Nebenwirkungen? Welche Nebenwirkungen sind das? Sind sie akzeptabel? Wie stark ist das Craving ("Trinkverlangen")? Kann bzw. sollte ich im Moment in kleinen Schritten weiter erhöhen, oder ist es sinnvoller, erstmal bei der jetzigen Dosierung zu bleiben, bis die Nebenwirkungen abgeklungen sind? In der Regel tun sie das nämlich binnen weniger Tage. Im Idealfall pendelt es sich so ein, dass man bei der idealen persönlichen Erhaltungsdosis kein oder kaum Craving ("Trinkverlangen") und keine oder kaum Nebenwirkungen hat.

Alles Gute weiterhin!

Papfl
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DonQuixote
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Re: Michaels Erfahrung mit Baclofen (Alkohol und Bulimie)

Beitragvon DonQuixote » 4. Oktober 2016, 20:06

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Re: Michaels Erfahrung mit Baclofen (Alkohol und Bulimie)

Beitragvon miboe » 8. November 2016, 23:35

Hallo an Alle,

jetzt nehme ich seit 5 Wochen und 4 Tagen Baclofen und möchte hier meine Erfahrungen teilen.
Ich habe sehr schnell aufdosiert und liege momentan bei 200 mg.
Aufdosiert habe ich immer dann, wenn ich keine Nebenwirkungen bemerkte.
Offensichtlich vertrage ich Baclofen sehr gut. Ok, am Anfang war der erhöhte Harndrang und als ich mit den 200 mg begann, hatte ich für 2 Tage dieses leichte (nicht schmerzhafte) elektrische Kribbeln (wie minimale elektrische Stöße) in den Händen, aber das war es dann auch schon.

Wie in meinem ersten Beitrag erwähnt, sind meine Erkrankungen, welche ich mit Baclofen bessern möchte, die Alkoholkrankheit und die Bulimie. Dazu kommen noch eine Angststörung und eine PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung), sowie mittelschwere Depressionen.

Meine Abstinenz hält nun schon, auf den Tag genau, 14 Wochen an.
Nach über 30 Jahren des Saufens, mit gelegentlichen Unterbrechungen während zahlreicher Therapien, ist das ein absoluter Rekord für mich.
Die Zeit nach meinem Klinikaufenthalt bis zur Verschreibung von Baclofen, war echt die Hölle für mich und ich hätte die Wochen ohne die aktive Hilfe meiner Freundin nicht ohne Trinken überstanden.
Ständig war da dieses Kreisen der Gedanken um Alkohol und dieser unbändige Wunsch, endlich mal wieder alleine zu sein, um wieder trinken zu können. Ich wollte mit allen Mitteln erreichen, dass meine Freundin mich mal für ein oder zwei Tage alleine ließ.

Dann kam Baclofen. Wahrscheinlich zunächst auf Grund der anfänglichen Euphorie und wenig später dann durch die Medikamentenwirkung, verschwand dieser unglaubliche Druck und der Wunsch nach meinem Lieblings-Starkbier. Wobei sich die teilweise beschriebene Gleichgültigkeit gegenüber Alkohol schon erheblich aber noch nicht vollständig eingestellt hat.
Ich erwische mich immer wieder mal an der Tankstelle wenn ich beim Bezahlen das Getränkeregal anschaue und schon über ein paar Bier nachdenke. Aber dieser unbändige Zwang, nicht widerstehen zu können, ist nicht mehr da. Dieses Nachgeben: “Na komm, ist jetzt auch egal, einmal geht schon!“(und dann bleibt man doch im Suff hängen), schiebt sich einfach nicht in die Gedankenwelt. Ich hatte beinahe schon erwartet, dass mich die Kassiererin fragt, weshalb das Bierregal noch so voll ist? Ob ich denn nun bei ihnen kein Bier mehr kaufen wolle? Und tatsächlich, in meinen schlimmsten Zeiten, hatte ich bei meinen Abstürzen innerhalb weniger Tage den Starkbiervorrat der Tankstelle aufgekauft.
Und das Gefühl, die Tankstelle zu verlassen ohne Bier, erfüllt mich mit Stolz.

Auch die Bulimie hat sich enorm verbessert. Momentan kommt es zu einem „Ausfall“ in Abständen von 3 bis 4 Tagen. Im Vergleich zu 8-10 oder gar 10-15 Mal (zu „Spitzenzeiten“) am Tag, geht die Tendenz so langsam in Richtung 0.
Dies liegt bestimmt auch unter anderem an der Angst lösenden und antidepressiven Wirkung von Baclofen. Ich neigte selbst in Alltagssituationen dazu, immer alles zu katastrophisieren. Schon die erste Fahrt zum Arzt, von Hemer nach Dortmund, war für mich total angstbesetzt (nicht das Autofahren als solches, sondern einfach das Unbekannte). Unangenehme Situationen endeten für mich vor dem geistigen Auge immer in Katastrophen.
Diese Gefühle habe ich dann mit Alkohol und Fressanfällen abgetötet.
Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber die Ängste, zumindest in Alltagssituationen, sind sehr stark zurückgegangen. Auch meine Grundstimmung ist besser geworden.
Vielleicht kann ich tatsächlich bald mal probieren, auf das zusätzliche Venlafaxin (Antidepressivum) zu verzichten. Eine ähnlich gute Grundstimmung hatte ich mit Venlafaxin allein nie.

Als bisheriges Fazit kann ich nur sagen: „Für mich hat Baclofen bisher alle Erwartungen in vollem Umfang erfüllt.
Über weitere Entwicklungen werde ich weiter berichten.

LG Michael

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Re: Michaels Erfahrung mit Baclofen (Alkohol und Bulimie)

Beitragvon DonQuixote » 8. November 2016, 23:59

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Re: Michaels Erfahrung mit Baclofen (Alkohol und Bulimie)

Beitragvon jivaro » 9. November 2016, 11:39

Lieber Michael,

es freut mich sehr Dich zu lesen! Und ich wünsche Dir weiterhin einen so positiven Fortgang der Entwicklung.

Sei vorsichtig mit dem Absetzen von Venlaflaxin, wenn - dann nur sehr langsam und schrittweise.

Ganz herzlicher Gruss

jivaro

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Re: Michaels Erfahrung mit Baclofen (Alkohol und Bulimie)

Beitragvon Anka80 » 9. November 2016, 16:11


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Re: Michaels Erfahrung mit Baclofen (Alkohol und Bulimie)

Beitragvon miboe » 19. März 2017, 21:32

Hallo an Alle,

nach langer Zeit möchte ich mich mal wieder melden und einen Zwischenstand über meine Erfahrungen mit Baclofen geben.

Nun bin ich seit 33 Wochen ohne Alkohol. Es gab in der Zeit genug Situationen und Gelegenheiten, dem Alkohol zuzusprechen.
So ist im Dezember mein Vater an Myasthenie (Myasthenia Gravis) gestorben. Er war für mich eine ganz besondere Person in der Familie. Noch vor einem Jahr, hätte ich es nicht durchgestanden ohne mich über Wochen zu besaufen. Ich bin so dankbar, dass ich dank Baclofen meinen Vater beim Sterben begleiten konnte und nicht besoffen in meiner Wohnung lag. Auch die Zeit danach verlief ohne Saufdruck. Ich glaube, das war bis jetzt die härteste Prüfung und so gesehen kann ich mir im Moment nicht viel vorstellen, was mich wieder zum Alkohol bringen könnte, solange ich die Hilfe von Baclofen habe. Obwohl man sich da nie zu sicher sein darf, sonst hat man schon verloren.

Gelegenheiten, in welchen ich allein zu Hause war, gab es reichlich. Üblicherweise habe ich dann früher regelmäßig bis zum Stillstand das Starkbier in mich hineingeschüttet.
Es war nun überhaupt kein Kampf mehr für mich. Ich musste nicht mit dem Wunsch nach Alkohol kämpfen.
In den Momenten, wo der Kontakt zum Bier besonders groß war, z.B. beim Tanken, fühlte ich mich eher abgestoßen. Früher sehnte ich mich beim Anblick von Bier im Kühlregal danach dieses zu trinken.

Ich habe den Eindruck, dass sich mit längerer Einnahme von Baclofen auch die Einstellung zum Alkohol geändert hat. Anfangs gab Baclofen mir die Macht, zu entscheiden ob ich trinken wollte oder nicht. Der Trinkzwang wurde weitgehend unterdrückt.
Jetzt brauche ich mich, zumindest im Moment, nicht zu entscheiden, da der Gedanke an Alkohol und an seinen Geschmack so etwas wie Abneigung in mir auslöst.
Dieses Sehnen nach Alkohol und das „in-den-Vordergrund-Stellen“ der schönen Momente, welche man ja mit Alkohol eine Zeitlang durchaus hatte, sind irgendwie wie ausgeschaltet bei mir.
Ich glaube schon, tatsächlich an den Punkt der Gleichgültigkeit gegenüber Alkohol angekommen zu sein.

Von der hohen Dosierung, von 200 - 250 mg, bin ich jetzt runter auf 150 mg. (50,50,50)
Wenn es mir besonders gut geht, nehme ich auch mal nur 100 mg. (25,25,25,25)
Oft lese ich, wie sensibel Viele hier auf geringe Schwankungen bei der Dosierung reagieren.
Das ist bei mir zum Glück nicht so und ich kann wirklich nach Tagesform und Ereignissen angepasst dosieren.

So, das war es erstmal und ich werde bei Gelegenheit weiter berichten.

PS.: Auch wenn ich nicht so oft hier schreibe, so bin ich doch jeden Tag im Forum, um mich zu informieren und auf dem Laufenden zu bleiben.


Viele Grüße von Michael

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Re: Michaels Erfahrung mit Baclofen (Alkohol und Bulimie)

Beitragvon Lucidare » 20. März 2017, 06:27

Wer aus meinen Texten nicht herauslesen kann, dass ich aus persönlicher Erfahrung schreibe, wird mich sowieso missverstehen.


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