hawkwindpxr5 stellt sich vor

Es wird eigentlich erwartet, dass sich Mitglieder vorstellen und ihre Lebensumstände schildern, damit die anderen in Etwa wissen, mit wem sie es zu tun haben und ihm dann auch besser helfen können.
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hawkwindpxr5
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hawkwindpxr5 stellt sich vor

Beitragvon hawkwindpxr5 » 5. April 2016, 15:08

bin über eine Freundin (Maria) hier gelandet.
bin 45 Jahre alt, männlich, trinke seit ich 13 bin. In meinem ersten grossen Klinikentzug mit 22 wurde ich zusätzlich heroinabhängig. Jetzt bin ich schon lange auf Methadon, Benzodiazepinen (low dose) und immer noch mit massivem Verlangen nach Alkohol, obwohl das Trinken mir sehr viele Probleme macht(e). Ich möchte endlich ohne starkes craving sein und wenn möglich weg vom Methadon und hoffe, einen Arzt zu finden, der mich bei einem Baclofenversuch begleitet.

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Papfl
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Re: hawkwindpxr5 stellt sich vor

Beitragvon Papfl » 5. April 2016, 15:54

Hallo hawkwindpxr5!

Herzlich willkommen im Forum [hi_bye] ! Schön, dass Du da bist [smile] !

Wenn Heroin resp. Methadon, Benzos und Alkohol im Spiel sind, sollte unbedingt eine engmaschige ärztliche Betreuung gewährleistet sein. Deshalb ist es sehr vernünftig und vollkommen richtig, hier nach einem Arzt zu fragen, der Dich bei einer potentiellen Baclofen-Therapie professionell begleitet [good] .

Ich möchte Dich an dieser Stelle auf einen Beitrag von @jivaro hinweisen (sie hat mit Baclofen bei (ehemals) heroinabhängigen Patienten unter Substitution mehr Erfahrung als ich):

jivaro hat geschrieben:Ich habe durch meinen Beruf nun täglich Kontakt mit Menschen, die die Abhängigkeit von "illegalen Substanzen" beenden wollen oder diese gerne nur "bei Bedarf" anwenden wollen. Es ist eine Riesenproblem, am besten rasche und einfache Heilung. Die Substitutionstherapie seit Anfang der 90er Jahren gibt Betroffenen die Chance, sich zunächst gesundheitlich und sozial zu stabilisieren und sich dann beruflich zu rehabilitieren. Bei ausreichender Motivation des Patienten gelingt das recht gut, die Kriminalisierung fällt weg, die Lebenserwartung gleicht der der "Normalbevölkerung". Viele Patienten finden leider erst spät den Weg in die Substitution, wenn der Stress mit der Beschaffung der Droge einfach zu gross wird, oder der Patient "die Lust" am Opiat verliert, idealerweise wenn gute soziale Kontakte bestehen, eine geregelte Tagesstruktur als positiv empfunden wird.

Die Sehnsucht nach dem "Kick" bleibt oft, obwohl der initiale Effekt, wie zB. beim Heroin in der Folge selten/kaum errreicht wird. Oft fühlten sich die Menschen unter Heroin zum ersten mal "richtig" in der Welt, voll integriert, verspürten Wärme und Geborgenheit, die bis dahin unbekannt gewesen war. Jeder Weg in die Sucht ist individuell, jeder Weg heraus ebenso.

Das Thema Traumatisierung bei Opiatabhängigen wird meiner Meinung nach noch immer unterschätzt, es gibt jedoch bereits Therapien und Therapieansätze, die erfolversprechend sind, die Arbeit in der Asklepios -Klinik Göttingen finde ich bewundernswert, die Wartezeiten betragen über 1 Jahr. Hier erhält der Patient mit dem Substitut Psychotherapie, wird stabilisiert, erfährt Erprobungsphasen im häuslichen Bereich um dann im stationären Setting das Substitut abzudosieren. Es ist ein langer Weg, aber vielversprechend.

In der Phase der Ausdosierung kann Baclofen wirklich eine grosse Hilfe sein; Baclofen reduziert auch die körperlichen Entzugssymptome. Das Substitut unter Baclofentherapie zu verringern ist bei meinen Patienten (noch) nicht gelungen, es fehlt aber dort auch ein wenig die Motivation, oder es gibt so viele psychiatrische Komorbiditäten, dass alleine das Einlassen in eine Substitutionstherapie schon eine Leistung darstellt .

Wo Baclofen hervorragend wirkt, ist bei Cocain und auch bei Amphetaminabhängigkeit; erste Studien zeigen auch eine positive Wirkung bei der Behandlung von Crystal-Meth-Abhängigkeit. Eine Patientin konnte ihren GHB/GBL-Konsum deutlich reduzieren. Die Niederländer beforschen das seit einiger Zeit, hier noch undenkbar.

Eine oder 2 "Entgiftungen" können alleine genommen eine Opiatabhängigkeit nicht bekämpfen, ebenso wenig wie beim Alkohol. Der Patient hat noch keine anderen Verhaltensmuster etablieren können und fällt beim nächsten Problem ins alte "Lösungsmuster" zurück. Dass jemand nach 2 Entgiftungen in vielen Jahren nicht "gesund" geworden ist, ist also völlig "normal".

von hier

Das ist jetzt natürlich ein bisschen aus dem Zusammenhang gerissen, vielleicht kann @jivaro bei ihrem nächsten Besuch hier ganz generell noch ein paar Zeilen zum Thema schreiben. Das Hauptproblem ist halt, dass unter Methadon der "Kick" ausbleibt und dieser dann von substituierten Patienten oft im Alkohol gesucht wird. Womit man dann in die nächste Abhängigkeit rein schlittert...Unter diesem Gesichtspunkt kann eine zusätzliche Behandlung mit Baclofen schon sinnvoll sein.

Die Vorgehensweise - wenn Du denn unter ärztlicher Begleitung einen Versuch starten möchtest - ist im Grunde die selbe wie für alle Newcomer hier.

Näheres zum Thema Craving und der Wirkungsweise von Baclofen findest Du hier. Was die Baclofen-Therapie von der traditionellen Suchttherapie unterscheidet, wird hier erklärt.

Einen ersten Überblick rund um das Medikament bietet unsere Rubrik Baclofen erste Schritte, konkreter im Baclofen-Arztkoffer und Alles Wichtige auf einen Blick. Genaueres zur Dosierung und Therapie findest Du im Leitfaden für die Anwendung.

Lesenswert und aufschlussreich ist auch der Artikel "Ist Alkoholsucht doch heilbar?", den man auch online im PTA-Forum finden kann. Und natürlich das Buch "Das Ende meiner Sucht" von Olivier Ameisen. Der Kardiologe Olivier Ameisen war selbst betroffen und hat Baclofen als Therapieoption bei Abhängigkeitserkrankungen (wieder)entdeckt. Das Buch ist spannend zu lesen! Du kannst die E-Book-Version des Buches auch kostenlos über dieses Forum "ausleihen". Bei Interesse schreibe das bitte einfach in die Private Nachricht (PN) an @DonQuixote mit rein, wenn Du ihn um eine Arztadresse bittest.

Da wir unsere Arztadressen aus naheliegenden Gründen nicht öffentlich rausgeben, möchte ich Dich bitten, @DonQuixote (er verwaltet unsere Arztadressen) kurz mit einer Privaten Nachricht (PN) anzuschreiben und ihm Deinen Wohnort samt Postleitzahl mitzuteilen. Er wird sich dann voraussichtlich gegen Abend bei Dir mit allen Infos melden.

Alles Gute einstweilen und halt' die Ohren steif!

Papfl
„Der Hori­zont vie­ler Men­schen ist wie ein Kreis mit Radius Null. Und das nen­nen sie dann ihren Stand­punkt."
Albert Ein­stein (1879 - 1955)

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Re: hawkwindpxr5 stellt sich vor

Beitragvon DonQuixote » 5. April 2016, 21:29

Hallo Hawk

Eine Arztempfehlung ist soeben per Mail an Dich raus. Vorteil: Dieser Suchtmediziner ist gleichzeitig auch "Substitutions-Arzt", sollte sich als in der Sache auskennen. Viel Erfolg wünscht

DonQuixote

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jivaro
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Re: hawkwindpxr5 stellt sich vor

Beitragvon jivaro » 9. Juni 2016, 12:42

Hallo Hawk,

wie geht es Dir inzwischen?
Wenn Du ernsthaft vom Alkohol loskommen möchtest ist Baclofen das Beste, was ich kenne!
Es "passt" auch gut zum Methadon. Die Kombination Methadon und Alkohol ist leider häufig zu finden, die Folgen sind ebenso bekannt, gerade Mischkonsum mit Methadon, Alkohol und "Benzos" ist desaströs.
Zum Baclofen hat Papfl Dir ja wirklich alles Wissenswerte schon geschrieben. An Deiner Stelle würde ich zunächst versuchen den Alkoholkonsum zu reduzieren, bzw. idealerweise in die Abstinenz zu kommen, die Benzomenge sollte sich unter Baclofen auch reduzieren lassen.
Die Methadonmenge würde ich zunächst unverändert lassen, mit allem Anderen hast Du körperlich und seelisch genug zu tun. Überlege dann, ob Methadon wirklich das ideale Medikament ist um substituiert zu werden, evtl. ist das Morphinsulfat (Substitol) oder zunächst Polamidon sinnvoll, hier ist die Dämpfung deutlich geringer als bei Methadon. Häufig bestehen aber so grosse seelische Belastungen, dass das Methadon bevorzugt wird um einen "Schutz" vor Emotionen zu haben, insbesondere wenn wenig therapeutische Möglichkeiten bestehen.
Ich teile nicht die gängige Meinung, dass therapeutische Arbeit erst nach dem "Ausdosieren" erfolgen kann, aber das ist ein anderes Thema.
Du brauchst jede Menge Geduld! Wenn es Dir gelingt zunächst mit Alkohol und Benzodiazepinen "Schluss" zu machen ist das schon eine Riesenleistung! Wenn Du zu rasch "Alles" loswerden möchtest überforderst Du Dich.

Herzlicher Gruss,
viel Kraft wünscht Dir

jivaro


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