Vorstellung von Micha

Es wird eigentlich erwartet, dass sich Mitglieder vorstellen und ihre Lebensumstände schildern, damit die anderen in Etwa wissen, mit wem sie es zu tun haben und ihm dann auch besser helfen können.
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Micha66
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Vorstellung von Micha

Beitragvon Micha66 » 8. Juni 2016, 12:36

Hallo Ihr da draußen,

ich habe 2005 eine Ambulante Therapie gemacht und war danach ca. 7 Jahre trocken.

Durch einen persönlichen Schicksalsschlag bin ich wieder Rückfällig geworden und kämpfe seit dem wieder nüchtern zu werden. Ich war in den letzten 3 Jahren 5 mal in der Entgiftung und habe eine 3 monatige Entwöhnungsbehandlung hinter mir.

In der Entgiftungszeit und auch in den Monaten auf Therapie hatte ich keinerlei Probleme nicht zu trinken.
Doch kaum bin ich wieder zu hause kommt die Gier. meine Abstürze werden immer schlimmer und die Abstände dazwischen immer kürzer.
Baclofen sehe ich gerade als letzte Hoffnung nicht ganz und gar abzustürzen.
Das ist kein Leben mehr und ich verliere alles was mir lieb und wichtig ist.

lieben Gruß aus Berlin

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Papfl
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Re: Vorstellung von Micha

Beitragvon Papfl » 8. Juni 2016, 14:01

Hallo Micha66!
Herzlich willkommen im Forum [hi_bye] ! Schön, dass Du da bist [smile] .

Baclofen kann diese Drehtür-Tortur zwischen Entgiftung, Entwöhnung, Therapie, ein paar Monaten/Jahren Abstinenz und dann alles wieder von vorn...in der Tat beenden. Warum und wodurch das möglich wird, ist hier und hier erklärt.

Ich unterscheide dabei immer zwischen zwei Formen des Craving ("Trinkverlangen"):

  • dem physischen Craving (Trinkzwang; automatische biochemische Prozesse im Stoffwechsel, die willentlich nicht beeinflusst werden können) und
  • dem psychischen Craving (Trinkdrang; dem kann jede/r individuell entgegen wirken, indem er/sie eigeninitiativ neue Strategien und Alternativen entwickelt, um die "Leere" auszufüllen, die der Alkohol hinterlässt)
Letzteres mag Dir vielleicht aus Deinen Therapien und Klinikaufenthalten bekannt vorkommen: Alte Hobbies wiederbeleben oder neue entdecken, alternative Möglichkeiten für Belohnung, Entspannung, "Gut-drauf-sein" finden, Freizeit gestalten, Tagesstruktur entwickeln etc.. Das Handwerkszeug, das man bei Therapieaufenthalten im Idealfall mit an die Hand bekommt, ist ja nicht persé schlecht - im Gegenteil. Allein: Solange das ganze Denken komplett vom physischen Craving betimmt ist, die Gedanken also pausenlos um Alkohol kreisen, sind diese Ratschläge und Tipps schwer umsetzbar :wink: .

Mit Baclofen fällt dieser Zwang ein Stück weit weg. Im Idealfall MUSS man nicht mehr zwingend trinken - man bekommt seine Entscheidungsfreiheit zurück und kann selbst bestimmen, ob man JETZT trinken MÖCHTE, oder es lieber sein lässt. Was bleibt, ist neuer Raum und oft sehr viel Zeit. Und die Frage: Was soll ich jetzt damit anfangen? "Gute" und "angenehme" Gefühle kommen dann (leider) nicht mehr wie von "Weingeisterhand" - man muss sich die "Highs" und "Kicks" selbst erarbeiten.

Deshalb ist das Medikament auch keine "Pille gegen die Pulle" und auch kein "Wundermittel", das es Betroffenen leicht macht, vom Suchtmittel los zu kommen. Es schafft lediglich die Voraussetzungen, wieder einen freien Kopf zu haben, um selbst entscheiden zu können, wie man seinen Alltag resp. sein Leben gestalten möchte. Nicht mehr und nicht weniger. Die eigentliche Hauptarbeit fängt an, nachdem man mit Baclofen cravingfrei geworden ist. Weil es dann eben gilt, neue Möglichkeiten, Alternativen, Strategien etc. zu entwickeln, um sich die "glücklichen" Momente auf andere Art und Weise zurück zu holen, die man sich vorher künstlich-chemisch mit Alkohol verschafft hat. In diesem Zusammenhang kann auch ein Blick auf die W-Fragen ganz spannend sein.

Wenn die Biochemie allmählich wieder in die Balance kommt, fällt auch der Verzicht auf Alkohol viel leichter. Ich könnte mir vorstellen, dass Du in Deinen abstinenten Phasen ohne medikamentöse Unterstützung mitunter ganz schön kämpfen musstest... [unknown] ?!? Klar: In der Therapie, also unter der "geschützten Käseglocke" mit Gleichgesinnten, fällt die Abstinenz oft leicht(er). Aber wie Du selber schreibst: Zurück in der "freien Wildbahn" sieht's anders aus.

Hier sind mal ein paar wichtige Tipps für den Start:

Wahrscheinlich brauchst Du als Erstes einen Arzt, der Dir das Medikament verschreibt. Hierfür kannst Du Dich gerne an @DonQuixote (er verwaltet unsere Arztadressen) wenden und ihn kurz mit einer Privaten Nachricht (PN) anschreiben. Nenne ihm einfach Deinen Wohnort samt Postleitzahl. Er wird sich dann bei Dir mit allen Infos melden.

Baclofen kann seine Wirkung am besten entfalten, wenn man abstinent mit der Einnahme beginnt. Einen bewährten Anhaltspunkt für die Dosierung geben die Tabellen aus dem Leitfaden für die Anwendung. Du findest Sie auch hier im Forum, zugeschnitten auf die unterschiedlichen Tablettenstärken (10 mg bzw. 25 mg).

Lass' Dir bitte Zeit mit dem Aufdosieren. "Höher, schneller, weiter..." ist bei der Baclofen-Therapie kontraproduktiv. GEDULD lautet das Zauberwort. Es ist wichtig, der Biochemie genügend Zeit zu geben, sich zu regenerieren. Durch den jahrelangen Alkoholkonsum ist da einiges aus dem Gleichgewicht geraten (siehe oben).

Wenn Du momentan noch trinkst (je nach Menge bitte den Alkohol nicht abrupt absetzen, wegen möglichen Krampfanfällen/Delir) kannst Du auch alternativ die Methode "Alkohol langsam ausschleichen - Baclofen parallel dazu langsam einschleichen" wählen.

Wichtig ist es, während der Aufdosierungsphase immer aufmerksam in sich reinzuhören: Habe ich Nebenwirkungen? Welche Nebenwirkungen sind das? Sind sie akzeptabel? Wie stark ist das Craving ("Trinkverlangen")? Kann bzw. sollte ich im Moment in kleinen Schritten weiter erhöhen, oder ist es sinnvoller, erstmal bei der jetzigen Dosierung zu bleiben, bis die Nebenwirkungen abgeklungen sind? In der Regel tun sie das nämlich binnen weniger Tage.

Im Idealfall pendelt es sich so ein, dass man bei der idealen persönlichen Erhaltungsdosis kein oder kaum Craving ("Trinkverlangen") und keine oder kaum Nebenwirkungen hat.

Einen ersten Überblick rund um das Medikament bietet unsere Rubrik Baclofen erste Schritte, konkreter im Baclofen-Arztkoffer und Alles Wichtige auf einen Blick.

Lesenswert und aufschlussreich ist auch der Artikel "Ist Alkoholsucht doch heilbar?", den man auch online im PTA-Forum finden kann. Und natürlich das Buch "Das Ende meiner Sucht" von Olivier Ameisen. Der Kardiologe Olivier Ameisen war selbst betroffen und hat Baclofen als Therapieoption bei Abhängigkeitserkrankungen (wieder)entdeckt. Das Buch ist spannend zu lesen! Du kannst die E-Book-Version des Buches auch kostenlos über dieses Forum "ausleihen". Bei Interesse schreibe das bitte einfach in die Private Nachricht (PN) an @DonQuixote mit rein, wenn Du ihn um eine Arztadresse bittest.

So, dass ist jetzt ziemlich viel geworden für den Anfang... [whistle] ...Ich denke, das wichtigste ist erstmal der Arzttermin, dann sehen wir weiter. Wenn Du möchtest, gerne gemeinsam. Hier im Forum gibt es viele, denen es ähnlich ging und geht wie Dir, und die Dich gerne auf Deinem Weg begleiten.

In diesem Sinne: Alles Gute einstweilen!
Papfl
„Der Hori­zont vie­ler Men­schen ist wie ein Kreis mit Radius Null. Und das nen­nen sie dann ihren Stand­punkt."
Albert Ein­stein (1879 - 1955)

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Micha66
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Re: Vorstellung von Micha

Beitragvon Micha66 » 8. Juni 2016, 14:32

vielen Dank für die vielen Infos, ich werde mich da nach und nach durcharbeiten.
good

liebe Grüße

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andi
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Re: Vorstellung von Micha

Beitragvon andi » 10. Juni 2016, 05:18

Hallo auch vom mir.

Ich kann die Anmerkung @Papfl nur voll und ganz bestätigen:

Papfl hat geschrieben:Lass' Dir bitte Zeit mit dem Aufdosieren. "Höher, schneller, weiter..." ist bei der Baclofen-Therapie kontraproduktiv. GEDULD lautet das Zauberwort.


Wünsche Dir viel Erfolg mit Baclofen.

lg
andi


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