Ein herzliches Hallo auch von meiner Seite

[Mirandolina]

Dear all,

nachdem ich hier bereits längere Zeit still mitgelesen habe, möchte ich mich kurz vorstellen:

Ich bin weiblich, 48 Jahre alt, die Tochter eines inzwischen bereits verstorbenen Alkoholikers und verheiratet. Nach meiner Einschätzung trinke ich bisher nicht SEHR viel, aber in jedem Fall ZU viel.
Mein Konsum liegt bei 2 bis 3 Gläsern Wein (selten auch mal Sekt) am Tag, das allerdings täglich ohne einen Tag Pause in der Woche. Sehr selten passiert es auch, dass ich eine Flasche Wein oder Sekt alleine leere.
Regelmäßig Wein trinke ich bereits seit 30 Jahren, allerdings waren es früher immer eher 1 bis 2 Gläser, das hat sich seit einem Jahr auf 2-3 Gläser gesteigert.
Die "Gründe" dafür: Starker Stress im Beruf (ich bin selbstständig), der Tod meiner Mutter und meines Vaters vor 2 bzw. 6 Jahren und eine siebenjährige, sehr angespannte Wohnsituation durch einen Terror-Nachbarn, der mein Mann und ich uns vor einem halben Jahr durch einen Umzug entzogen haben.
Ich sehe im Glas Wein am Abend einerseits ein "schönes" Ritual um nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag "runterzukommen". Und, ja, mir schmeckt Wein auch einfach gut...
Wäre kein Wein im Haus, würde ich stattdessen beispielsweise niemals zu Schnaps, Likör greifen.
Dieser Kein-Wein-im-Haus-Fall tritt allerdings niemals ein

In der letzten Zeit merke ich aber zunehmend, dass es mir mit Alkohol nicht gutgeht. Ich werde abends nach meinem Wein schlagartig müde, schlafe schlecht und am nächsten Morgen brauche ich erstmal ein bis zwei Stunden um richtig fit zu werden. Und ich bin zunehmend desinteressiert an vielen Dingen, fühle mich zudem häufig depressiv bzw. habe extreme Stimmungsschwankungen.
Allerdings neige ich, vermutlich aufgrund genetischer Vorbelastung, auch zu Depressionen. Habe vor einigen Jahren bereits zwei Behandlungs-Zyklen mit einem SSRI (Sertralin) hinter mir, momentan nehme ich allerdings kein Anti-Depressivum.

Angeregt durch die Berichte hier im Forum, habe ich mir jetzt über einen Freund aus Bulgarien aus Sofia Baclofen (10mg) mitbringen lassen. Er hat es dort in der Apotheke ohne Rezept bekommen.

Jetzt sitze ich hier vor meiner Tabletten-Packung und habe zwiespältige Gefühle.
Einerseits ist da die Vorfreude, endlich eine Wende in mein Leben zu bringen.
Und andererseits habe ich Angst vor den Nebenwirkungen.

Ich habe hier in meiner Stadt keinen Arzt gefunden, der mich bei der Baclofen-Einnahme unterstützen würde.
Ein Arzt lehnte die Verschreibung ab, weil ich ja gar nicht sooo extrem viel trinken würde (ich dachte, genau in solchen Fällen sei Baclofen das Mittel der Wahl), ein anderer sagte, dass nur totale Abstinenz durch einen echten Entzug helfen würde.
Und das ist genau mein Problem: NIE wieder ein Glas Wein zu trinken kann ich mir nicht vorstellen, ich würde allerdings gerne die Menge deutlich reduzieren und wieder stärker Herrin über mein Trinkverhalten werden.
Dafür scheint mir Baclofen ein gutes Medikament zu sein.

Jetzt meine Frage: Laut Anleitung hier im Forum soll man ja mit 2 mal 5 mg Baclofen beginnen und langsam steigern. Was werde ich wohl spüren nach der ersten Tablette? Die meisten schreiben ja von Müdigkeit, manche auch von Schwindel oder Muskelkater.
Und: Werde ich zeitlebens Baclofen einnehmen müssen oder kann es auch sein, dass ich nach einer Zeit der Einnahme und der Reduktion der Trinkmenge auch ohne das Medikament auskomme und trotzdem nicht wieder den Konsum steigere.

Soll ich es wagen?

Sorry für das lange Einstiegs-Post, aber ich habe es gerade nicht geschafft, mich deutlich kürzer zu fassen.

Herzliche, neugierige aber auch angespannte Grüße
Mirandolina

[Papfl]

[Mirandolina]

Danke herzlich, Papfl, für die rasche Antwort und die durchaus richtige Einschätzung meiner Situation und Wünsche.

Nalmefen wäre also für mich eventuell eher eine Option? Es gibt hier doch so eine Liste mit Baclofen- und eventuell auch Nalmefen-aufgeschlossenen Ärzten., die würde ich sehr gerne mal in Bezug auf eine mögliche Verschreibung einsehen.

Ginge das eventuell per PN? Interessant wäre für mich Berlin als Stadt.

[Papfl]

Hallo Mirandolina,

wie gesagt: Nach dem, was Dir so vorschwebt und wie Du Deine Situation schilderst, wäre ein Versuch mit Nalmefen (Selincro®) meine erste Idee gewesen. Da Nalmefen (Selincro®) offiziell zugelassen ist, dürftest Du mit der Verschreibung keine Probleme bekommen, wenn Du Dich an einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder einen Arzt mit entsprechender zusätzlicher Qualifikation wendest. Dann hättest Du auch gleich eine professionelle Begleitung. Inwiefern unsere "Baclofen-Ärzte" da weiterhelfen können, weiß unser Admin @DonQuixote besser als ich.

Da wir unsere aus naheliegenden Gründen nicht öffentlich rausgeben, möchte ich Dich bitten, @DonQuixote kurz mit einer anzuschreiben und ihm Deinen Wohnort samt Postleitzahl mitzuteilen. Er ist gerade ohnehin online, wird sich dann zeitnah bei Dir per Mail melden.

Falls es mit Nalmefen (Selincro®) nicht klappen sollte, bleibt Dir ja immer noch die Alternative Baclofen.

Alles Gute einstweilen!
Papfl

[DonQuixote]

[Mirandolina]

Liebe Mitlesenden,

vor fast 1 1/2 Jahren hatte ich mir hier angemeldet und im Grunde hat sich an der Eingangsschilderung meiner Situation wenig geändert.
Ich trinke nach wie vor 2 bis 3 Gläser Wein oder Sekt am Abend, häufig kommt in letzter Zeit vor dem Essen allerdings noch ein "Kochschluck" hinzu. Das Schlimmste: Die Flasche für den Kochschluck verstecke ich im Schrank, damit mein Mann denkt, dass ich nur die berühmte eine Flasche gemeinsam mit ihm leere...

Jetzt habe ich endlich beschlossen meinen Selbstversuch mit Baclofen zu wagen.
Die Gründe: Ich merke, dass es mir nach Alkohol zunehmend schlechter am nächsten Tag geht, ich fühle mich depressiv sowie antriebslos, bekomme meine Arbeit als Selbstständige nur mit äußerster Mühe geregelt und habe zudem Angst vor den gesundheitlichen Folgen der Sucht.

Wie gesagt: Mein Vater war Alkoholiker, ich weiß, was das aus einem Menschen machen kann.

Wie geschrieben, liegen die Baclofen-Tabletten in ausreichender Menge bereit, eine ärztliche Begleitung habe ich allerdings nicht.

Heute um 10 Uhr habe ich nun meine ersten 5 mg Baclofen genommen, gegen 18 Uhr werde ich eine weitere halbe 10mg-Tablette einnehmen. Dosieren werde ich nach der hier empfohlenen Tabelle.

Nebenwirkungen spüre ich bis auf eine leichte Müdigkeit und etwas Schwindel nicht.

Allerdings verspürte ich vorhin ein gesteigertes Verlangen nach Süßem, ein Lebkuchen und drei Schokokugeln waren blitzschnell "eingeatmet".
Geht das noch anderen hier so? Esst ihr mehr unter Baclofen, habt ihr an Gewicht zugelegt?

Eine Frage: Vielleicht ist es unklug ausgerechnet in dieser Zeit (Weihnachten, Silvester, Kurzurlaub in der kommenden Woche anzufangen), andererseits habe ich das Gefühl, dass ich JETZT raus muss aus dieser Spirale.

Eine Frage an euch, da ich nicht an eine "Spontan-Heilung" glaube: Was würde passieren, wenn ich zu dem Baclofen ein Glas Wein trinken würde?

Heute Abend steht gleich die erste Bewährungsprobe an: Ich gehe mit meinem Mann auf eine Weihnachtsfeier unseres Reitvereins...

Ich berichte in den kommenden Tage mal, wie es mir so ergeht.

Für heute ganz herzliche Grüße
Mirandolina