Ich stelle mich vor

[LissyFee]

Hallo miteinander! Mein Name ist Inge, ich bin 54 Jahre alt und arbeite als Sozialarbeiterin. Meine Alkoholgeschichte ist lang, begann mit spätestens Ende 20. Abendliches Trinken ("Schmacht" sicher schon am Nachmittag), habe auch schon vor Jahren eine Entgiftung gemacht und sicher so einige halbe und 2 x ein ganzes Jahre nicht getrunken, immer rückfällig geworden. Auch in den letzten 7 Jahre wurde mein Trinkverhalten vom Partner irgendwie mitgetragen, so: Du solltest aufhören, weniger trinken, aber auf alkoholkrank hat sich keiner richtig eingelassen (wenn ich mal den Mut hatte, so darüber zu sprechen). Mag sein, dass konstant 3 halbe Liter Bier nicht so auffallen, aber ich bin verzweifelt: kann doch gar nicht richtig leben, gehe nicht aus, mache meistens keine abendlichen Aktivitäten mit, habe Angst, dass ich es nicht durchstehe, nicht rechtzeitig Zuhause bin und vieles mehr. Jetzt vertrage ich das Trinken langsam auch noch schlechter: immer Disziplin, schön was essen, immer im Rahmen bleiben, damit ich arbeiten kann, obwohl ich manchmal über die Stränge schlagen möchte. Dabei ist mein Job so anstrengend, ich bin immer aufgekratzt und "aufgeladen", unter Druck, es ist eine so wahnsinnige und unsinnige Anstrengung, habe ja nie gelernt, mich zu entspannen und wohl auch nicht, meine Bedürfnisse anzumelden - trinke es runter, werde jedoch ab und an aggressiv - welches dann nicht gut ankommt. Ich möchte so gerne damit aufhören, wieder zu mir selbst finden können, noch mal rausfinden wer ich ohne diesen Alkohol bin. Wie ich noch meinen Feierabend verbringen könnte. Am liebsten würde ich selbst Zuhause entgiften, da der Entzug bei Ablenkung nicht so stark bei mir ist, aber ich habe auch Angst, da sich ja immer etwas im Laufe der Krankheit geändert haben kann und ich mich kürzlich getrennt habe, alleine in einer Wohnung mit meinen beiden Katzen lebe (habe niemanden, der die versorgt). Das mit dem Baclofen verfolge ich schon eine Weile und glaube auch daran, wobei ich gleichzeitig gerne therapeutisch und gruppenmäßig etwas machen möchte...endlich leben können. Oh, so viel geschrieben, über Rückmeldungen würde ich mich sehr freuen. Liebe Grüße

[Hundertkilo]

Hi Inge,

ich bin in einer ähnlichen Situation wie Du - arbeite seit über 20 Jahren tagsüber und trinke abends und am Wochenende in der Regel kontrolliert. Manchmal habe ich aber auch krasse Aussetzer - dann läuft immer noch der komplette "Film". Manchmal auch unter der Woche, was im Job garnicht geht. Deine Strategie, die Du beschreibst, um das Saufen zu "regeln" kenne ich aus dem "ff". Zwecks Vertiefung schreibe ich Dir aber lieber eine PN.

LG 100

[Eva]

Liebe Inge!
Ich erkenne mich an deiner Lebensgeschichte wieder. Bei dem Zitat (etwas abgeändert) muß ich immer wieder weinen: "Als ich sah, war ich froh. Aber was ich sah, machte mich unglücklich und verzweifelt." Nun mache ich mich auf den Weg, um sehen zu können, wer ich wirklich bin. Also meine Seele zu spüren und ihre Bedürfnisse zu erkennen. Morgen fahre ich zu meiner Baclofen Ärztin und ich war heute schon bei einer Gesprächstherapie. Viele schämen sich die Suchterkrankung nach außen zu tragen, obwohl sie in den meisten Fällen entweder bekannt oder zumindest erahnt wird. Wenn wir unser wahres Selbst finden und uns dazu Hilfe holen, haben wir die Bewunderung von Allen. In diesem Forum finden wir Trost und Verständnis. Ich danke Allen dafür.
Liebe Grüsse Eva

[DonQuixote]

Hallo Lissy

Danke, dass Du Dich uns anvertraust und Danke auch für Deine ausführliche Vorstellung. Du schreibst, dass Du Angst davor habest, „selbst Zuhause“ zu entgiften. Brauchst Du denn eine klassische stationäre Entgiftung, d.h. hast Du schwere Entzugserscheinungen, wenn Du den Alkohol abrupt absetzt? Es gibt mit Hilfe dessen man die Schwere seiner Entzugserscheinungen in Etwa abschätzen kann. Baclofen hilft in leichten Fällen, solche Entzugserscheinungen zu verringern.

Oft geht auch eine Baclofen-Therapie nicht mit einem abrupten Absetzen von Alkohol einher. Die Medikamentendosis wird langsam gesteigert und gleichzeitig der Alkoholkonsum nach und nach heruntergefahren. Hast Du bereits einen Arzt, der dich begleitet? Und sonst weißt Du ja,

DonQuixote

[LissyFee]

Hallo,
Ich bin inzwischen fest entschlossen es mit der Einnahme von Baclofen zu versuchen. Ich wohne in der Nähe von Bielefeld. In Bünde, Lübbecke, Minden wird es wohl keine Ärzte geben. aber Osnabrück ist noch gut zu erreichen.
LG
LissyFee

[DonQuixote]

Alles klar, LissyFee

Arztvorschläge gingen soeben per Mail an <b****.i***@web.de> raus. Falls nichts angekommen sein sollte, dann auch mal im Spam-Ordner nachschauen. Manchmal (selten) bleiben unsere Mails dort hängen.

Viel Erfolg wünscht DonQuixote

[Mellchen]

Hallo Inge!
Berührend, was Du schreibst - ich kann es so gut nachempfinden. (wer hier nicht...). Ich trinke seit Jahren immer Pegel. Aussetzer passieren nicht, denn ich muß immer am Start sein, wenn etwas mit meinem Sohn ist. Das macht es aber nicht besser. Gesellschaftlich bin ich viel unterwegs, gebe dir aber Recht: am liebsten würde ich nur Zuhause bleiben. Und ja, das Trinken verträgt man immer weniger. Klar, der Körper macht da irgendwann nicht mehr mit.
Auch ich möchte (muß) das irgendwie zu Hause hinkriegen. Heute ist das Gespräch mit meinem Arzt, und ich habe eine wahnsinnige Angst davor. Sämtliche Horrorszenarien rauschen durch meinen Kopf - dass er mich womöglich einweist, etwas in der Art.
Der Mut, sich selbst sein Problem einzugestehen, ist die eine Sache, aber es ist noch mal eine ganz andere Nummer, das nach außen zu tragen. Ich hoffe, ich kneife nicht.
Wenn man anfängt, sich mit seinem Problem auseinander zu setzen - zumindest ging mir das so - ist man wirklich erstaunt, wie viele Menschen trinken. Quer durch alle Berufsgruppen, Alter und Familienstand. Auf der einen Seite bestärkt und ermutigt mich das, mich meiner Sucht zu stellen, auf der anderen Seite erschreckt es mich.
Du schreibst, "immer im Rahmen bleiben, damit ich arbeiten kann". So geht es mir auch. Immer schön funktionieren. Vielleicht liegt ein Schlüssel zur Gesundung auch darin sich zu sagen, dass man nun mal nicht immer funktionieren kann/muß. Dass man eine grundlegende Entspannung in sich trägt. Und das natürlich ohne Alkohol....
Ich wünsche Dir alles alles Gute!
Mellchen

[Papfl]

[Eva]

Grüß dich Mellchen!
Ich nehme seit 4 Tagen mein Bac. Das Gespräch mit meiner BacÄrztin war der Hammer im positiven Sinne. Sie hat mir mehrmals gesagt, dass wir trinken müssen auch wenn wir nicht wollen. Nur 10 % unseres Gerhirns sind durch unseren "Willen" beeinflußbar. Die restlichen 90 % unterlegen den unbewussten Vorgängen und dort sitzt auch unser Suchtbereich. Wir können also mit unseren Willen eine zeitlang unsere Abstinenz aufrechterhalten aber irgendwann wird die Stimme der Vorgänge in den unbewussten Hirnregionen so stark, dass sie buchstäblich unseren Willen brechen und wir werden rückfällig. Eine Alkoholkrankheit als Suchterkrankung ist also keine Ausprägung eines schwachen Willens oder eines schlechten Charakters, wie sie von sehr vielen Menschen gesehen wird. Daher ist es auch so schwer, über unsere Erkrankung mit anderen zu sprechen. Ich meine, dass Image eines besoffenen Sandlers unter der Brücke taucht automatisch als inneres Bild auf. In Wahrheit zieht sich die Alkoholerkrankung durch alle Gesellschaftsschichten. Daran sollten wir denken, wenn wir mit unserem Selbstwert am Boden liegen. Bac wirkt in unserem Stammhirn und damit in den unbewussten Hirnregionen und korrigiert dort den Suchtdruck. Dadurch wird immer weniger willentliche Energie benötigt um die angestrebte Abstinenz aufrecht zu erhalten. Ich wünsche dir allen Erfolg für die BacTherapie. Mit Hilfe eines guten Bac-Arztes oder einer guten Bac-Ärztin und echten und somit "eingeweihten" Freunden können wir nur, und natürlich auch du, die Siegschaft über den Teufel Alkohol erlangen. Eva

[Mellchen]

Hallo zusammen!

Und erstmal hallo Eva: seit 4 Tagen- und wie geht es Dir?

Allgemein: ich habe NICHT gekniffen! Und abgesehen davon, dass ich gerade stolz wie Oskar bin, war es ein sehr gutes Gespräch. Baclofen kennt er, allerdings nur in seiner ursprünglichen Verwendungsform. UNd er war so ehrlich mir zu sagen, dass Alkoholsucht an sich auch nicht sein Spezialgebiet ist. Er ist aber bereit, sich einzulesen und ggf. auch mit Kollegen zu sprechen, die Erfahrungen damit haben. Schlußendlich ist er aber auch bereit, diesem Weg mit mir zu gehen - klar, ich muß ihn ja auch von aller Verantwortung entbinden. Nein, er ist wirklich offen und hat mir viel Mut gemacht. Natürlich fand er es auch gut, dass ich Infomaterial dabei hatte und hat es auch da behalten. Ich gehe davon aus, dass er trotzdem "seine" Quellen hinzuziehen wird.
Was er fordert, ist eine grundmedizinische Vorabuntersuchung (Blutwerte, etc.) und deren Kontrolle. Aber das ist völlig ok. Das startet nächsten Dienstag. Wenn die Ergebnisse vorliegen, sehen wir weiter. Bis dahin ist er im Thema.und ich bin zum ersten Mal seit langer Zeit (!) wirklich zuversichtlich!!!!!!!!!!!!!!
Eine Sache noch: meine Theorie, dass mein Körper inzwischen tatsächlich Zahnschmerzen verursacht, um an Alkohol zu kommen, kann auch er sich vorstellen. Er hat während unseres Termins heute mit meinem Zahnarzt telefoniert, der ja ganz aktuelle Aufnahmen meiner Zähne hat und ihm bestätigte, dass nichts organisches festzustellen ist. Ganz erstaunlich.
Egal wie, ich hoffe, dies macht auch allen anderen Mut, mit ihren Ärzten zu sprechen. Tut es einfach! Auch wenn sie nicht auf einer bislang bekannten Liste stehen.
Liebe Grüße an alle!
Mellchen

[Hundertkilo]

[Eva]

Grüß dich Mellchen!
Du hast gefragt, wie es mir nach 4 Tagen Bac geht:
Ich nehme zur Zeit 3 x 20 g Bac, also eine Tagesdosis von 60 g Bac. Mir geht es sehr gut, ich habe einen inneren Frieden und bin zuversichtlich, obwohl natürlich immer auch Ängste auftauchen in dem Sinne: Traue dem Frieden nicht; es kann doch nicht sein, dass es doch noch ein Leben für uns gibt, welches kein Kampf mit dem Teufel Alkohol bedeutet. Ich habe, als ich in der Praxis von meiner Bac-Ärztin meine erste Bac genommen habe, 5 Tage keinen Alkohol getrunken, weil ich zur Entgiftung in einer Klinik war. Am 2ten Bac-Tag hatte ich so heftiges Craving wie nie in meinem Leben. Ich habe diesen Tag unter "Alltagstipps mit Bac" beschrieben. Nur weil meine Ärtzin mich von der Ferne begleitet hat, bin ich an diesem Tag nicht abgestürzt. Mein Gehirn- und Leberstoffwechsel schrie nach Zucker - weil er dies über den Umweg Alkohol immer bekommen hat. Diese zuckerreiche Ernährung muss ich jetzt eine Woche beibehalten, damit sich der Körper unter Einfluss von Bac metabolisch umstellen kann. Außerdem soll ich viel Studentenfutter für die Nerven essen und leichte Spaziergänge unternehmen, wobei pralle Sonne nicht gut ist.
Ich möchte mich bei allen Freunden hier im Forum sehr herzlich bedanken. Wenn Ängste hochkommen oder ich verzweifelt bin, bin ich im Forum unterwegs. Das Gefühl nicht alleine zu sein und dass wie alle in der gleichen Schlacht sind tut einfach gut. Seit der Zuckerdiät 0 Graving. Wir werden siegen!!!! Eva