Baclofen-Neuling

[koelner70]

Hallo zusammen,

möglicherweise kennt die eine oder der andere den Hintergrund, warum ich hier schreibe. Nach Zuspruch und Ermunterungen möchte ich einen thread mit unregelmäßig erfolgenden Rückmeldungen nicht auslassen.

Heute war ich endlich beim Arzt und habe eine große Schachtel Baclofen 25mg verschrieben bekommen, die ich mir morgen in der Apotheke abholen kann (nach drei Apothekenbesuchen Notiz an mich selbst: rechne nicht damit, daß dieses Präparat vorrätig ist, solltest du es einmal dringend brauchen). Ab morgen beginnt dann die Einschleichphase. Wahrscheinlich fange ich mit 6,25mg (einer Vierteltablette) an, um erst einmal die Wirkung zu testen.

Da ich um die hohe Dosis weiß, die bei vielen erst die erwünschte Wirkung hervorruft, stellt sich bei mir — vorausgesetzt, ich vertrage das Medikament — schon die Frage nach dem nächsten Arzt. Der Verschreibende war nämlich ein Allgemeinmediziner (in der Ärzteliste des Forums genannt), und er gab mir den dringenden Rat, mich nach einem "Nervenarzt" zwecks weiterer Begleitung umzusehen. Das ist verständlich, sofort stellte sich mir jedoch die bange Frage, ob diese Medikation ein einmaliger Versuch sein wird; in meiner Region scheinen verschreibende Psychiater Baclofen ziemlich kritisch gegenüberzustehen (allerdings ist die Lage wohl besser als in der Hauptstadt ...).

Ich habe sorge mich auch, daß ich mit Baclofen nicht 'normal' funktionieren kann; tagelange Gedächtnisaussetzer kenne ich von Valium, und plötzliche Bewußtlosigkeit unter GBL/GHB hat mich mehrfach ins Krankenhaus gebracht. Doch etwas Schläfrigkeit o.ä. nehme ich gerne hin — alles besser, als Leber und Gehirn mit Alkohol oder ähnlichen Drogen zu quälen.

Noch einen angenehmen Abend und bis zum nächsten Mal ,
kölner70

[Suse]

Hi Koelner70,

wenn du es gaanz langsam angehst, brauchst du dir glaube ich um die NW keine Sorgen zu machen. Probiere es erstmal mit 6,25 (die meisten fangen mit 3*5 an!), schaue, wie es dir bekommt, dann ein paar Tage später 2*6,25...später kannst du das besser einschätzen. Die "normale" Erhöhung ist alle 3-4 Tage um 10 mg (was sich ja bei der 25er als recht schwierig erweist ich habe die auch...) Wenn NW da sind, bei der Dosis bleiben, bis sie weg sind...

DonQ hat dir doch sicher schon die Dosierungstabelle geschickt?

Und immer vorher was essen oder ein Glas Milch trinken.

Alles gute, ich drücke dir die Daumen! Suse

[DonQuixote]

Hi Kölner

Freut mich, dass es mit dem Arzt geklappt hat. Wegen dem „Nervenarzt“ musst Du halt mal sehen, manchmal hilft’s, oft hilft das Medikament alleine. Apropos Nebenwirkungen: Mach Dich mal am Anfang auf wohltuende euphorische Gefühle gefasst. Die vergehen aber leider wieder nach ein paar Wochen. Allerdings: Wenn Du merkst, dass das Medikament anschlägt, und Deine Lust auf Alkohol einfach so verschwindet, ist das alleine natürlich schon ein Grund für Dauereuphorie. Aber eben, „Erfolg“ definiert sich nicht alleine aus der Abwesenheit von Alkoholkonsum.

Wegen der anderen Nebenwirkungen musst Du halt mal sehen. Schläfrigkeit bis hin zum Sekundenschlaf ist ein Dauerthema. Pass also auf beim Autofahren. Du kannst das zeitlich in gewissem Umfang auch steuern, schau Dir mal unseren an.

Zum Vierteln der Tabletten sind sog. Tablettenzerteiler ideal, die kriegt man in Apotheken für ein paar wenige Euros.

Viel Erfolg wünscht DonQuixote

[Papfl]

[koelner70]

Guten Tag allerseits,

endlich eine Rückmeldung meiner Baclofen-Medikation. Innerhalb von knapp 14 Tagen war die 100x25 mg-Packung Baclofen aufgebraucht, mit einer Tagesdosierung von bis zu 250 mg.

Resultat: Alkoholkonsum und Trinkwunsch bis fast auf Null reduziert. Einmal Konsum von 1 l Wein, das war ein Fehler — sehr unangenehmes Gefühl von Vernebeltheit und Desorientierung mit starker Schläfrigkeit. Generelle Nebenwirkungen: zeitweise recht starke Schläfrigkeit, Heißhunger, nach dem Schlafen leichter Spannungskopfschmerz. Neben der Alkoholfreiheit positive Wirkungen: Verschwinden von Angstzuständen und Antriebslosigkeit.

Kurz vor Schluß habe ich versucht, an meinem Wohnort einen Termin beim Psychiater zu bekommen, leider erfolglos . Resultat war knapp eine Woche lang ein erneuter Alkohollkonsum von bis zum Schluß 1,5 l Wein. Zuvor Absetzen von Baclofen innerhalb von zwei Tagen ohne unangenehme Effekte.

Anschließend freiwillige "Übersiedlung" in eine psychiatrische Klinik für zehn Tage. Dort Verordnung von 100 mg Baclofen täglich. Erfolglose Bitte um höhere Dosierung mit dem Hinweis auf positive Behandlungsergebniss — "irgendwelche Studien im Internet" seien keine ausreichende Grundlage, eine Sucht bzw. die zugrundeliegenden Ängste mit Medikamenten zuzudecken

Nach zehn Tagen Entlassung aus der Klinik wegen anderer Meinungsverschiedenheiten mit den Therapeuten. Jetzt bin ich — durch ein Rezept vom gleichen Allgemeinarzt wie beim ersten Mal — mit zwei Mal 100x 25 mg Baclofen ausgestattet. Heute habe ich bisher 263 mg Baclofen eingenommen, mit den bekannten positiven Wirkungen. Mein Ziel ist es, eine günstige Erhaltungsdosis zu finden, die hoffentlich unter dieser Dosis liegt. Gleichzeitig müssen natürlich die Ursachen für die Sucht mit einem Therapeuten angegangen werden — hoffentlich finde ich ebenfalls rechtzeitig einen Psychiater, der der Baclofentherapie positiv gegenübersteht.

Ein schönes Wochenende wünscht
der Koelner

[Papfl]

[koelner70]

Hallo Papfl,

immer schön gelassen bleiben . Ich habe so langsam aufdosiert, daß ich die Wirkungen mitbekommen habe. Der Alkoholkonsum war einmalig, und ich habe es dann ja auch gelassen.

Glaub mir, mit meiner Vorgeschichte war die hohe Baclofen-Dosis absehbar. Die Klinik war ganz und gar nicht unterstützend hinsichtlich der Medikation — 100 mg waren viel zu wenig.

Abdosieren war übrigens überraschenderweise auch kein Problem. Heute bin ich wieder ruhig und zuversichtlich und habe keinerlei Bedürfnis, Alkohol zu konsumieren. Jetzt kann das Grundproblem therapeutisch angegangen werden .

Beste Grüße,
der Koelner

[koelner70]

Es war vielleicht auch mißverständlich: täglicher Alkoholkonsum setzte erst wieder nach vollständigem Absetzen von Baclofen ein.

Außerdem empfahl auch der verschreibende Arzt, rasch mit einer hohen Dosis vorzugehen!

In einer klinischen Studie in Glasgow wurden überdies Dosierungen von 15 bis 360 mg täglich eingesetzt ...

Alles in allem also kein Grund zur Aufregung.

Ein schönes Sommerwochenende wünscht
der Koelner

[koelner70]

Trotzdem danke für den Medikamentierungs‐Plan. Ich kann nur sagen, daß ich von weniger als 150 mg täglich nichts merke, auch keine Veränderung des Trinkwunsches.

Das Excel-Schema "Dosissabhängiger Tagesverlauf des Wirkungsniveaus" habe ich natürlich verwendet.

Zuletzt: Meine Baclofen-Vorgehensweise ist allein durch meine Vorgeschichte mit GABA-ergen Substanzen bedingt. "Abdosieren" von GBL habe ich auch mit Dosierungen von 30 bis 50 mg Diazepam alle zwei bis drei Stunden (kein Schreibfehler!) durchgeführt. Folge war u. a. völliger Gedächtnisverlust, auch wenn ich nach drei Tagen auf Diazepam verzichten konnte.

Verglichen damit ist die Baclofen-Wirkung völlig überschaubar und milde. Selbstverständlich ist meine "Vorgehensweise" nicht auf andere übertragbar und stellt weder Empfehlung noch Vorbild dar. Medikament und Dosierung sollten immer in vernünftiger Beziehung zu Krankheit und Leiden stehen, und allein darauf kommt es mir an. Für andere mag eine Dosierung von 3x5 mg täglich völlig ausreichen!

Noch einmal beste Grüße,
der Koelner

[Papfl]

[koelner70]

Hallo Papfl,

ich kann hier nur von meinen Erfahrungen berichten. Wenn Ehrlichkeit hier nicht erwünscht ist, kann ich auch nicht helfen.

Wenn das alles "kontraproduktiv" ist, bleibe ich hier gerne fern — ich habe genug durchgemacht, um einen Weg wie den mittels des Baclofen in meiner Dosierung als produktiv einzuschätzen. Es ist klar, daß meine Vorgehensweise weder von therapeutischer noch von Patientenseite als Vorbild gesehen werden kann!

100 mg täglich war nun einmal viel zu wenig, und wenn das von Therapeuten nicht ernstgenommen wird, kann ich auch die Therapie nicht fortsetzen.

Pharmakologie war einer meiner Ausbildungsbereiche — eine Maxime ist: Medikament und Dosis müssen Krankheit und Leiden gerecht werden. Vereinfachend gesagt, Aspirin ist gegen Krebs genausowenig passend wie Zytostatika bei Kopfschmerzen.

Mit dem Wirkungsniveau-Sheet kann man die Baclofen-Konzentration gut abschätzen. Von meiner Vorerfahrung mit Diazepam her — Halbwertszeit durchschnittlich > 30 h, Wirkdauer bei mir einige Stunden — war schon abzusehen, daß eine hohe Baclofen-Dosis erforderlich war, und dies wurde ja auch vom verschreibenden Arzt so gesehen.

Bevor über einen bestimmten Patienten geurteilt wird, sollte man doch den individuellen Leidensweg, den ich hier ja auch skizziert habe, berücksichtigen.

Gruß,
der Koelner

[Papfl]

[koelner70]