Danke fürs Danke, Amy,
ich schreibe tatsächlich auch mit dem Hintergedanken, einer Zeit ohne Alkohol den Schrecken zu nehmen, mir, aber ein wenig auch Euch Zaudernden da draußen
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Es ist ja nicht so, als wäre Zack ein Schalter umgelegt und ab geht's nach Sober-City, sondern die anfänglichen Justierungsprobleme, sich perspektivisch auf eine neue, ungewohnte Realität einzulassen sind konkrete Schwierigkeiten - jedenfalls für mich.
Heute ist also Tag 7. Gestern hatte ich wieder diesen Impact. Übrigens genau wie bei meiner letzten Beschreibung war es ein
Craving-Gefühl, kein
Trinkwunsch.
Also ich wollte nichts trinken, hatte aber das Gefühl, ich werd gleich irre, wenn ich nichts bekomme. So ein wühlendes Bohren im Bauch und der Kopf wird dabei ganz leer.
Ich hatte ein Bewerbungsgespräch, und schon auf dem Weg dorthin kam die Geisterstimme wieder, hier mein innerer Dialog:
GS: "Naja, wenn das klappt, hast Du definitiv was zu feiern"
GT: " "Ja aber ich will doch grad lernen, den Belohnungstrampelpfad mit Alkohol zu verlassen. Anders belohnen!!!!"
GS: " Ja sicher, aber eine freie Entscheidung besteht doch auch darin, etwas zu trinken, wenn einem danach ist, oder? *listigguck*
GT: "Nene, eine freie Entscheidung ist es dann, wenn ich auch nichts trinke, obwohl mir danach ist!"
GS: "Nichtmal ein kleines Alsterchen?"
GT:" Richtig. Kandidat hat 100 Punkte."
GS: "Wie lange geht das jetzt noch so, wieviel mal schlafen? *seufz*
GT: "Rechne selber, Du kleines Ungeheuer!"
GS: "Soooo lange?"
GT: "Ja, aber ich koch Dir nachher was Schönes, danach gibt es ein Eis."
GS: Nagut. Wie Du meinst. Du bist der Boss
Das klingt ganz lustig - war aber schon ernst. Geholfen hat, eine Beobachterposition einzunehmen, als die beiden so rumdiskutierten. Das war wie ein Sicherheitsnetz. Nicht unwichtig auf dem Trapez. Und den Focus unbeirrt auf die Erringung von Entscheidungs
freiheit zu richten.
Natürlich hätte mich das eine Alster nicht grandios zurückgeworfen im körperlichen Sinne, aber es hätte meine Absicht unterhöhlt, mir mein Selbstvertrauen angeknabbert.
Langsam kommt die Energie zu mir zurück, und da wird mir deutlich, wie unverhältnismäßig "Aufwand und Ertrag" in dieser Sache gewesen wären.
Der ganze Spuk verging eine halbe Stunde nach dem Essen völlig (mehr hätte glaub ich Bac auch nicht bewirken können an dieser Stelle, das nur mal nebenbei.)
Ich habe das Trinkverlangen ziemlich klar als Reflex, als gewohnheitsbedingte Reaktion auf Missempfindungen bzw. genauer als Ungleichgewichtsempfindungen / emotionalen Stress erlebt.
Es war kein Bedürfnis, sich wegzubeamen, in den Raum von Alkohol einzutreten, sondern eine komplexe Irritation, wie denn das alternative nüchterne Leben zu gestalten sein könnte (s.u.).
Was auch half, war, das ungewohnte Gefühl mit Neuland, Abenteuer und Reise zu assoziieren. Da ist Aufregung normal.
Zu trinken hätte bedeutet, den Flug abzusagen und sich wieder zuhause auf die Couch vor den Fernseher zu hocken.
LG Conny
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Schon gestern habe ich mich in diesem Zusammenhang an Platons Höhlengleichnis erinnert; vielleicht macht eine Lesart der Höhle als der Raum von Alkohol dem einen oder der anderen hier auch Spaß und regt zum Nachdenken an.
Ist aus wiki
http://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6hlengleichnis kopiert und etwas länger:
Sokrates beschreibt eine unterirdische, höhlenartige Behausung, von der aus ein breiter Gang zur Erdoberfläche führt. In der Höhle leben Menschen, die von Kind auf ihr ganzes Leben dort als Gefangene verbracht haben. Sie sind sitzend an Schenkeln und Nacken so festgebunden, dass sie immer nur nach vorn auf die Höhlenwand blicken und ihre Köpfe nicht drehen können. Daher können sie den Ausgang, der sich hinter ihren Rücken befindet, nie erblicken und von seiner Existenz nichts wissen. Auch sich selbst und die anderen Gefangenen können sie nicht sehen; das einzige, was sie je zu Gesicht bekommen, ist die Wand. Erhellt wird die Höhle von einem großen, fernen Feuer, das oben auf der Erde brennt und dessen Licht durch den Gang hineinscheint. Die Gefangenen sehen nur das Licht, das die Wand beleuchtet, nicht aber dessen Quelle. Auf der Wand sehen sie ihre Schatten.[1]
Auf der Erdoberfläche befindet sich zwischen dem Höhleneingang und dem Feuer eine kleine Mauer, die nicht so hoch ist, dass sie das Licht des Feuers abschirmt. Längs der Mauer tragen Menschen unterschiedliche Gegenstände hin und her, Nachbildungen menschlicher Gestalten und anderer Lebewesen aus Stein und aus Holz.[2] Diese Gegenstände ragen über die Mauer hinaus, ihre Träger aber nicht. Manche Träger unterhalten sich miteinander, andere schweigen.[3]
Da die bewegten Gegenstände auf die Höhlenwand, der die Gefangenen zugewendet sind, Schatten werfen, können die Höhlenbewohner die bewegten Formen schattenhaft wahrnehmen. Von den Trägern ahnen sie aber nichts. Wenn jemand spricht, hallt das Echo von der Höhlenwand so zurück, als ob die Schatten sprächen. Daher meinen die Gefangenen, die Schatten könnten reden. Sie betrachten die Schatten als Lebewesen und deuten alles, was geschieht, als deren Handlungen. Das was sich auf der Wand abspielt, ist für sie die gesamte Wirklichkeit und schlechthin wahr. Sie entwickeln eine Wissenschaft von den Schatten und versuchen in deren Auftreten und Bewegungen Gesetzmäßigkeiten festzustellen und daraus Prognosen abzuleiten. Lob und Ehre spenden sie dem, der die besten Voraussagen macht.[4]
Nun bittet Sokrates Glaukon sich vorzustellen, was geschähe, wenn einer der Gefangenen losgebunden und genötigt würde, aufzustehen, sich umzudrehen, zum Ausgang zu schauen und sich den Gegenständen selbst, deren Schatten er bisher beobachtet hat, zuzuwenden. Diese Person wäre schmerzhaft vom Licht geblendet und verwirrt. Sie hielte die nun in ihr Blickfeld gekommenen Dinge für weniger real als die ihr vertrauten Schatten. Daher hätte sie das Bedürfnis, wieder ihre gewohnte Position einzunehmen, denn sie wäre überzeugt, nur an der Höhlenwand sei die Wirklichkeit zu finden. Gegenteiligen Belehrungen eines wohlgesinnten Befreiers würde sie keinen Glauben schenken.[5]
Wenn man den Befreiten nun mit Gewalt aus der Höhle schleppte und durch den unwegsamen und steilen Aufgang an die Oberfläche brächte, würde er sich dagegen sträuben und wäre noch verwirrter, denn er wäre vom Glanz des Sonnenlichts geblendet und könnte daher zunächst gar nichts sehen. Langsam müsste er sich an den Anblick des Neuen gewöhnen, wobei er erst Schatten, dann Spiegelbilder im Wasser und schließlich die Menschen und Dinge selbst erkennen könnte. Nach oben blickend würde er sich erst mit dem Nachthimmel vertraut machen wollen, später mit dem Tageslicht, und zuletzt würde er es wagen, die Sonne unmittelbar anzusehen und ihre Beschaffenheit wahrzunehmen. Dann könnte er auch begreifen, dass es die Sonne ist, deren Licht Schatten erzeugt. Nach diesen Erlebnissen und Einsichten hätte er keinerlei Bedürfnis mehr, in die Höhle zurückzukehren, sich mit der dortigen Schattenwissenschaft zu befassen und dafür von den Gefangenen belobigt zu werden.[6]
Sollte er dennoch an seinen alten Platz zurückkehren, so müsste er sich erst wieder langsam an die Finsternis der Höhle gewöhnen. Daher würde er einige Zeit bei der dort üblichen Begutachtung der Schatten schlecht abschneiden. Daraus würden die Höhlenbewohner folgern, er habe sich oben die Augen verdorben. Sie würden ihn auslachen und meinen, es könne sich offenbar nicht lohnen, die Höhle auch nur versuchsweise zu verlassen. Wenn jemand versuchte, sie zu befreien und nach oben zu führen, würden sie ihn umbringen, wenn sie könnten.[7]