Neu hier...als Angehörige

Es wird eigentlich erwartet, dass sich Mitglieder vorstellen und ihre Lebensumstände schildern, damit die anderen in Etwa wissen, mit wem sie es zu tun haben und ihm dann auch besser helfen können.
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Sonnenschein
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Neu hier...als Angehörige

Beitragvon Sonnenschein » 30. April 2013, 23:12

Hallo ihr Lieben,

seit Monaten lese ich hier im Forum und habe durch all die vielen Erfahrungsberichte rund um Baclofen neue Hoffnung geschöpft...

Mein Freund hat bereits seit seiner Jugend mit Angststörungen und Depressionen zu kämpfen und hat seither den Alkohol immer mehr als Stütze verwendet...bishin zur nicht mehr leugnenden Sucht.

Gemeinsam (soweit das eben möglich ist) haben wir bereits alle nur denkbaren Möglichkeiten in Erwägung gezogen um diesen verdammten Alkohol endlich aus seinem und unserem Leben zu verbannen. Bisher leider erfolglos.

Nachdem wir über Baclofen und dessen Wirkung gelesen habe, uns lange und ausgiebig damit beschäftigt haben sind wir beide der Überzeugung, dass es möglicherweise das Richtige sein könnte um endlich wieder ein "normales" Leben zu führen.

Mein Freund hat mit seinem Psychiater über Baclofen gesprochen, dieser würde es nicht verschreiben, da er bisher keine Erfahrungen damit gemacht hat und dieses Medikament nicht offiziell zur Bekämpfung des Alkoholismus zugelassen ist.

Die nächste Anlaufstelle war der Hausarzt, welcher meinen Freund bereits seit seiner Kindheit kennt und über dessen Gesundheitszustand bestens im Bilde ist. Er hat sich anfangs sehr offen gezeigt, kannte Baclofen in Verbindung mit der Suchtbekämpfung nicht und wollte sich diesbezüglich informieren. Das hat er getan und anschließend ganz deutlich davon abgeraten, da die Gefahr Baclofen in Verbindung mit Alkohol (sollte es nicht funktionieren) lebensgefährlich ist.

Uns war klar, dass es nicht einfach werden wird einen Arzt zu finden und es wohl auch ein Wunder gewesen wäre, hätte mein Freund diese Form der Therapie unter "Aufsicht" seiner bekannten und vertrauten Ärzte durchführen können.
Dennoch war es ein Versuch wert und schließlich hatten wir diese Hoffnung.

Im Internet konnten wir bisher keine seriöse Seite finden, auf der wir das Medikament vertrauensvoll hätten bestellen können. Außerdem wäre uns beiden wohler, hätten wir einen behandelnden Arzt der diese ganze Geschichte begleiten könnte. Was zugegebenerweise nicht heißt, dass wir nicht froh wären, wüssten wir eine andere Bezugsquelle. Die bisherigen Behandlungen der Angststörungen und Depressionen werden so oder so weitergeführt.

Ich rede immer von "wir" was für viele vielleicht sehr seltsam klingt, deshalb möchte ich das gerne kurz erklären.

Ich rede deshalb von "wir" weil dieses Problem nicht nur meinen Freund betrifft sondern ganz gravierend uns beide, unsere Beziehung und damit unser ganzes Leben! Jeder "Angehörige" weiß wie schrecklich und schmerzhaft die Zeiten des Aushaltens, Hoffens, Sorgen machens... sind - ich glaube all diejenigen wissen wie kraftlos, ratlos und hilflos man in dieser Situation ist, wie es sich anfühlt neue Hoffnung zu verspüren und dadurch weitere Kraft zu sammeln aber ebenso wie tief man selbst in ein Loch fällt, sobald diese Hoffnungen (wie zumindest in der Vergangenheit) immer wieder zerstört werden. Dieses permanente Auf und Ab, immer wieder die Vorsichtshaltung, die Sorge nie zu wissen wann der nächste Absturz kommt und was wohl die Folgen sein könnten, nie wirklich in eine Zukunft blicken zu können, immer wieder Angst zu haben...selbst zu spüren wie die Kräfte nachlassen...
Vor allem aber dieses schreckliche Gefühl das Leben mit dem Menschen zu teilen, welchen man von ganzem Herzen liebt und dennoch daneben stehen zu müssen und zu sehen wie dessen Leben durch den Alkohol zerstört wird.

Ich versuche meinem Freund zur Seite zu stehen, ihm das Gefühl zu geben, diesen Weg gemeinsam mit ihm zu gehen, versuche ihm Möglichkeiten und Wege zu zeigen und ja ich bin mir auch sehr bewusst, dass er all diese Dinge allein umsetzen muss und ich bin mir auch nicht sicher ob ich das immer "richtig" mache. Dennoch möchte ich selbst alles mir mögliche versuchen - was nicht heißt, dass ich jeglichen "Aussetzer" dulde, auch ich habe Grenzen und meine Kraft für dieses Leben wie es jetzt ist wird irgendwann aufgebraucht sein...wenn sich nichts ändert.

Mein Freund hat über Jahre hinweg Medikamente zur Behandlung der Angststörungen und Depressionen erhalten. Nachdem wir vor Monaten begonnen haben uns mit Baclofen zu beschäftigen war auch der Wille da diese Medikamente, bevor etwas anderes passiert, auszuschleichen. Nicht ganz ohne Nebenwirkungen hat er das jetzt schon seit mehreren Wochen erfolgreich hinter sich. Seine psychische Verfassung ist schwankend aber auch ohne die Tabletten sind diese Schwankungen weder besser noch schlechter als zuvor.
Zumindest würde ich persönlich das so einschätzen und meinen Erfahrungen nach beurteilen - da ich selbst ihn in allen nur denkbaren Verfassungen mit und ohne Psychopharmaka und vor allem mit einem "klaren Kopf" erlebt habe.

Demnach wäre jetzt der beste Zeitpunkt Baclofen zu versuchen und damit hoffentlich endlich wieder Normalität zu erlangen.

Wir sind auf der Suche nach einem Arzt oder eben einer seriösen Bezugsquelle im Stuttgarter Raum und hoffen sehr, hier im Forum Empfehlungen zu erhalten.

Hierfür schon jetzt vielen lieben Dank!!

Alles Gute für jeden hier - ob Angehöriger oder Betroffener!

Viele Grüße
Sonnenschein (Den gibt es nämlich verdammt nochmal - auch wenn er nicht in allen Lebenslagen zu sehen ist!!!!)

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prOAmeisen
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Re: Neu hier...als Angehörige

Beitragvon prOAmeisen » 1. Mai 2013, 04:07

Hallo Sonnenschein,
meinen Respekt! Bei Deinem Durchhaltevermögen musst Du eine sehr starke Frau sein!
Seitens meiner Angehörigen erhalte ich zwar "Hilfe in der Not", aber nach wie vor nicht den Respekt und die Akzeptanz, dass es sich hier um eine schwere chronische Erkrankung handelt, worunter ich zusätzlich sehr leide.
Das scheint bei Dir anders zu sein; nochmals... meine Hochachtung!!!
Hoffnung ist nicht unbedingt die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht,
sondern die Gewissheit, dass etwas SINN hat, egal wie es ausgeht!

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DonQuixote
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Re: Neu hier...als Angehörige

Beitragvon DonQuixote » 1. Mai 2013, 04:36

Hallo Sonnenschein (Was für ein schöner Name!)

Sonnenschein hat geschrieben:Die nächste Anlaufstelle war der Hausarzt […] er hat sich anfangs sehr offen gezeigt […] und anschließend ganz deutlich davon abgeraten, da die Gefahr Baclofen in Verbindung mit Alkohol (sollte es nicht funktionieren) lebensgefährlich ist.

Das ist SOWAS von krass falsch! Ihr, d.h. Dein Freund und Du, seid die perfekten Kandidaten für unsere Ärzteliste, ich schick Dir gleich eine Mail.

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Sonnenschein
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Re: Neu hier...als Angehörige

Beitragvon Sonnenschein » 1. Mai 2013, 09:25

Guten Morgen,

wow...das ging ja sehr schnell mit den Antworten - vielen vielen Dank!

So stark wie es vielleicht durch mein Geschriebenes wirkt bin ich nicht oder besser nicht mehr. Ich war Anfang des Jahres an einem Punkt dass ich keine Kraft mehr hatte, ich habe keine Zukunft mehr gesehen, keine Besserung, hatte keine Hoffnung mehr und wusste mir und uns nicht mehr zu helfen.

Meine Mutter hat mir von Tabletten (Nalmefen) erzählt, welche im Herbst zur Behandlung der Alkoholsucht auf den deutschen Markt kommen sollen und mir den Artikel aus dem Spiegel mitgebracht. Ich habe angefangen zu recherchieren und bin so auf Baclofen gestoßen, welches meinen Recherchen nach im Bezug auf den allgemeinen Gesundheitszustand meines Freundes deutlich besser zu sein scheint als Nalmefen...

Naja so habe ich auf einmal gespürt wie sehr meine Hoffnung wieder geweckt wurde, nach Gesprächen mit meinem Freund wurde auch er von meiner Euphorie gepackt, dann das Ausschleichen der Psychopharmaka...alles schien endlich gut zu werden!

Seither konnten wir wieder völlig anders miteinander umgehen, die Hoffnung war wieder voll da und wir haben endlich wieder Licht und eine gesunde und glückliche Zukunft vor uns sehen können - zumindest ging es mir so.
Die letzten Monate beflügelt von der Hoffnung waren wunderschön - trotz Alkohol! Denn ich für mich hatte die Hoffnung, dass dieser bald nicht mehr zu unserem Lebensinhalt und teilweise auch Lebensmittelpunkt gehören würde und konnte demnach auch völlig anders mit dieser Situation umgehen.

Vor wenigen Wochen wurde mein Freund mit einem Schicksalsschlag konfrontiert, welcher alles irgendwie aus der Bahn geworfen hat. Völlig verständlich und absolut nachvollziehbar das würde jeden Menschen ob psychisch vorbelastet, alkoholabhängig oder auch völlig "gesund" völlig aus der Bahn werfen! Aber (für mich) trotzdem kein Grund seine eigene Gesundheit und den Weg zur Normalität zu vernachlässigen, das sollte erstrecht ein Ansporn sein die eigenen Ziele noch deutlicher zu verfolgen... Er leidet (ich allerdings auch), wir streiten uns wieder mehr, haben wieder Schwierigkeiten normal miteinander zu reden, scheinen uns permanent falsch zu verstehen und können nur schwer "greifbare" Zukunftspläne schmieden.
Von meiner Seite aus liegt es ganz bestimmt auch daran, dass ich eine riesengroße Angst davor habe, dass alles wieder von vorne beginnt, ich habe Angst vor der Zukunft und ich muss auch ganz ehrlich sagen, dass ich spüre dass sich das was sich schon viele Male wiederholt hat nicht noch einmal wiederholen darf. Sobald meine "Hoffnung" welche schon viele Male einbrechen musste auch nur ein klein wenig angekratzt wird verhalte ich mich anders - aus Panik und Angst vor dem Fall wenn all das nicht helfen sollte, werde ich manchmal sogar ungerecht und unfair.
Trotzdem habe ich gerade jetzt das Gefühl noch mehr tun zu müssen und noch mehr Kraft zu sammeln um meinem Freund trotz der im Moment sehr schwierigen und schmerzhaften Zeit zur Seite zu stehen und ihm zu zeigen, dass egal welche Schläge man aushalten muss diese nicht dafür ausschlaggebend sein dürfen das eigene Leben und die eigene Gesundheit zu vernachlässigen oder den Sinn und den Glauben an das Schöne im Leben zu verlieren!

Gerade habe ich durch die Geschehnisse der letzten Wochen das Gefühl, er würde die Hoffnung wieder aufgeben oder zumindest gerade keine Gedanken daran verschwenden die Baclofen-Therapie weiterhin zu verfolgen. Wenn ich ihn darauf anspreche zieht er es meist ins Lächerliche und merkt dabei gar nicht (zumindest habe ich das Gefühl als wäre es so) wie sehr meine ganz persönliche kleine Welt dabei ins Schwanken gerät und welche Angst ich davor habe, dass sie zusammenbricht.

Deshalb ist gerade jetzt meine allerletzte Hoffnung ihm die Adressen (vielen Dank für die Email, ich werde separat darauf antworten) zu geben...was er daraus macht liegt nicht an mir aber wenn er selbst, diesen Weg auch wenn er im Moment wenig Sonnenstrahlen sehen kann weiter verfolgt werde ich immer und jederzeit an seiner Seite sein!

Aber es ist verdammt schwer wenn man (zumindest im Moment) das Gefühl verspürt allein zu kämpfen...das tut weh!

Euch allen einen schönen Tag und nochmals vielen vielen Dank!!

Sonnenschein

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GoldenTulip
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Re: Neu hier...als Angehörige

Beitragvon GoldenTulip » 2. Mai 2013, 09:37

Liebe Sonnenschein,

ich selbst habe sehr oft Rückhalt bekommen von meinem Freund, der stetig und unaufdringlich meinen Alkoholkonsum angesprochen hat, ohne mich zu drängen. Ich finde auch, dass nicht jede Unterstützung oder jedes Verständnis für den anderen gleich Co-Abhängigkeit bedeuten muss, sofern der nichttrinkende Partner im Wesentlichen sein eigenes Leben lebt und nicht in den Bann des anderen gezogen wird.

Ein wenig klingt bei Dir durch, dass Du versuchst "für Euch beide stark zu sein und nicht die Hoffnung zu verlieren"- und dabei lässt Du ziemlich Federn und Dein Freund hat ein sanftes Ruhekissen.
Da täte etwas mehr Abgrenzung ganz gut? Mitten in einer Krise mit dem Trinken aufzuhören scheint mir nicht sehr erfolgversprechend, aber den Hintern hinterhertragen kannst Du ihm auch nicht auf Dauer- ähm, Alkoholiker haben immer Krise, wenn Du verstehst, was ich meine, und wenn es keine gibt, erfinden sie eine.

Mit anderen Worten: Bac und die Motivation zum Aufhören kann man nicht beifüttern, wenn er selbst keine Ambitionen hat, etwas zu ändern, wird das nichts.
"Wenn Du Dich nicht bewegst und kümmerst, muss ich Dich da allein lassen und mich um mich kümmern"- das ist gesünder und am Ende auch effektvoller.

Pass ein bisschen auf Dich auf; und beim Thema Alkohol steht die Liebe oft auf einem einsamen Posten,

vielleicht mag er ja mal hier etwas schreiben?

Lieben Gruß
Conny
Siegreiche Krieger siegen bevor sie in den Krieg ziehen, während Verlierer erst in den Krieg ziehen und dann versuchen, zu gewinnen. Sunzi.
Wenn Du nichts tun kannst, tu, was Du tun kannst. Conny.

In respektvollem Gedenken an Aaron Swartz http://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_Swartz


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