Am Anfang hatte ich kein Problem mit Alkohol, er gehörte dazu wie bei vielen anderen. Als sich dann körperliche und psychische Symptome einstellten, hatte ich länger als meine Umwelt den Eindruck, das im Griff zu haben.
In persönlicher Krise hat sich der Missbrauch verselbstädndigt und potentiert - da kam ich körperlich/ sozial an eine Grenze.
Daraus Konsequenzen zu ziehen, hat jahrelang gedauert, bis ich mich am Rande emotionaler, körperlicher und psychischer - sowie rationaler- Erschöpfung befand.
Im klassischen Sinne der "Zusammenbruch".
Gefolgt von Entgiftung und dem Kennenlernen von Baclofen. Riesige Hoffnung- und nach ein paar Tagen die Erkenntnis, dass es keinen GabA-utomatismus gibt, sich loszusagen von jahrzehntelanger Gewohnheit. Schlägt Dir nicht die Pulle aus der Hand. Und führt vermehr zu Spannungen im Privaten - das "Funktionieren" wurde eingestellt, und das hat Spannungen erzeugt.
Fast zwei Jahre Gehampel, Auf- und Abdosieren von Baclofen, Therapien, Foren etc. pp.
Und immer wieder die Frage: will ich abstinent leben?
Bis heute ist es so, dass ich das nicht will, sei es meinem Dickkopf, meinem Menschenbild oder dem Suchtgedächtnis geschuldet.
Wo liegt für mich der Gewinn nach der Zeit?
- Feststellen von Tatsachen, mich mit meinem Alkoholmissbrauch überhaupt zu konfrontieren, ist kein Tabu mehr für mich.
- Etliche Klärungen auf persönlicher Ebene, sich sozial und biographisch abzugrenzen, Tacheles zu reden, wurde möglich, weil ich nicht mehr in unbewusster Scham ertrank.
- Ein Auseinanderhalten meiner Probleme (Alkohol, Ängste, Depressivität, Bindungsängste) und Eigenheiten (Hochsensibiliät) wurde greifbar.
Ich ergänze Lernen, Mut, Offenheit und Vertrauen. Das verdanke ich dem "Glauben, der Berge versetzen kann". Ohne Bac hätte ich mich kaum getraut, da weiter zu gehen. Aus dem Käfig der Getriebenheit und der schützenden Bewusstlosigkeit auszutreten.
Ich glaube auch, dass man da wenig übertragen kann, was die befreiende Wirkung von Baclofen ausmacht: zu individuell die Gründe, sich von der Realität fortzubeamen.
Man kann Bac nicht "beifüttern" (auch Hochdosieren ist eine Entscheidung), wie ein immunisierendes Medikament gegen Grippe, selbsttätig wirkend. Mehr eine Verschnaufpause, um eigene Entwicklungsdefizite nachzuholen, einer Neuverortung eine Chance zu geben.
Es bietet die Chance, das, was man vielleicht wollen will, ohne körperlichen Suchtdruck zu überdenken. Und das ist mehr, als der Markt der Medikamente bislang vor Baclofen hergab.
Das ist eine Revolution.
Und es bleibt ein langer Abschied mit viel Aufarbeitung, jenseits von Normzwängen, der einen Menschen dazu bewegt, sich auf das Abenteuer Leben ohne Alkohol einzulassen.
Ich fürchte, ein Leben reicht kaum aus dazu, was mich nicht hindert, den Weg so weit zu gehen, wie ich kann.
LG ConnyStatistik: Verfasst von GoldenTulip — 30. März 2013, 11:50
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