Ich lese seit einiger Zeit hier im Forum mit und habe mich dank der vielen hoffnungsvollen Erfahrungsberichte und der offenen, liebevollen Art der Kommunikation hier entschlossen, mit eurer Hilfe (so hoffe ich) die ersten Schritte zu gehen.
Zu meiner Person: Ich bin 50 Jahre alt und trinke ungefähr seit meinem 17. Lebensjahr. Zu dieser Zeit sind meine Eltern auf eine ziemlich dramatische Art verstorben. Schon als Kind ein überängstliches Wesen, das immer das Gefühl hatte nicht dazu zu gehören, anders zu sein und nicht gemocht/geliebt/bemerkt zu werden, habe ich damals mit ihnen auch meine letzten Freunde und "Vertrauten" verloren und den Alkohol als Ersatz-Freund entdeckt. Ein paar Jahre hat er mir die Angst genommen und mich scheinbar selbstsicher und stark gemacht.
Ich habe mir nie große Gedanken darüber gemacht, denn im Studium und dann später im Kollegenkreis haben alle mehr oder weniger getrunken, viele sogar mehr als ich und das z.T. auch schon Mittags.
Vor etwa zehn Jahren haben mich dann aber meine Ängste wieder eingeholt und innerhalb von ein paar Wochen quasi in einen inneren Kerker geworfen. Starke Depressionen, Angstattacken und Sozialphobien haben mich zermürbt und dafür gesorgt, dass ich mich mit immer größeren Mengen Alkohol, Tabletten und Drogen betäubt habe. Ohne es anfangs zu merken und aus Scham vor der gesellschaftlichen Ächtung habe ich mich immer mehr zurückgezogen. Und das hatte natürlich auch extreme Auswirkungen auf meine Einkommenssituation als Freiberufler.
Fast ein Jahr habe ich – außer zum Einkaufen – das nicht Haus verlassen und war wirklich komplett am Ende, so dass ich mich entschloss, als letzten möglichen Schritt eine Psychotherapie zu beginnen. Aber was soll ich sagen: Auch nach der Dritten und drei Jahre später ging es mir nicht besser und ich habe mich stationär in eine Trauma-Klinik einweisen lassen. In diesen drei Monaten habe ich viel über mich und meine Traumas und Ängste gelernt, kaum Alkohol getrunken und in der Folge dann auch auf Diazepam und Drogen verzichten können.
Kaum wieder zuhause, ging der Alkoholkonsum wieder sukzessive nach oben. Auch wenn ich immer mal wieder auch kürzere "trockene" Phasen habe, schaffe ich es nicht, die Abstinenz dauerhaft durch zu ziehen. Trotz großer innerer Kämpfe bin ich – vor allem wenn die schleichende Angst und das Craving wieder zuschlägt – dann schnell wieder bei mindestens 4,5 bis 5 L Bier pro Tag. Wenn die Dämonen stärker an mir nagen, dann kann es auch ein oder zwei Liter mehr sein.
Ich spüre jetzt, dass jetzt alles wieder von vorn beginnen wird. Und das kann und will ich nicht mehr. Ich habe eine Frau, die mich liebt, aber deren Energie auch nicht endlos ist. Ich habe auch noch ein paar Jobs, aber ich weiß, dass ich in dieser Verfassung nicht mehr sehr lange "funktionieren" kann. Deshalb hoffe ich auf Baclofen und dieses Forum. Olivier Ameisens Buch ist heute gekommen und ich bin bereit.
Was mir jetzt noch fehlt, ist ein Arzt und das Rezept.
Tut mir leid, dass ich hier so viel geschrieben habe. Aber es ist für mich eine ganz neue und befreiende Erfahrung ganz "schamlos" über meine Probleme zu reden!
Euch ein großes Lob und viel Kraft!
TomhenryStatistik: Verfasst von Tomhenry — 9. November 2014, 16:09
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