Heute vor 50 Jahren, offiziell, eigentlich aber schon einen Tag früher, dazu später mehr, verstarb, Édith Giovanna Gassion, besser bekannt als
Ich habe die Gabe, Französisch so gut zu verstehen, dass ich ihre Chansons bis in die letzte Nuance erfassen kann. Aber muss man das sprachlich überhaupt können? Ist ihr Charisma nicht universell, für jeden verständlich? Urteilt selbst. Ich denke, dass es unter den Lesern dieses Forums einige Bewunderer dieser Grande Dame des französischen Chansons gibt.
Sehr empfehlen kann ich die Sendung „Edith Piaf: Ohne Liebe ist man nichts“ von ARTE, mit betörenden Photographien und Videos, auch ergreifende, gar manchmal verstörenden Aussagen von Zeitzeugen, kaum je gesehenes Material aus den 30er bis 60er Jahren und authentischen Stimmungsbildern aus Paris und New York jener Zeit, das meiste in Schwarz-Weiß, untermalt mit seltenen, aber auch mit oft gehörten Chansons der Künstlerin. Download und
. Mit Youtube geht das leider wegen Urheberrechtsprobleme nicht.
Ergänzend empfehle ich auch die Sendung des Schweizer Radios vom 05.10.2013 aus der Reihe „Zeitblende“ mit dem Titel . Dort erfährt man auch, wie sehr sich Édith Piaf als ihre Kunstfigur „Pariser Göre“ verstand. Das ging sogar so weit, dass sie ihre eigene Geburt „erfand“, als Obdachlose in der Pariser Gosse, auf der Straße sei sie geboren, nur der Mantel eines Gendarmen habe die Mutter und das Neugeborene vor den Blicken der Umstehenden verborgen. In Wirklichkeit kam Édith Giovanna Gassion am 19. Dezember 1915 in einem Spital des 20. Pariser Arrondissements zur Welt. Auch andere Meilensteine ihres Lebens fiktionalisierte und zelebrierte die Piaf ganz in ihrem Sinne. Das ging sogar über ihren Tod hinaus. Sie verstarb am 10.10.1963 an der Côte d'Azur, knapp 1‘000 km von Paris entfernt. Ihre Begleiter übertölpelten die wartenden Journalisten und fuhren die Tote, letztere aufrecht sitzend und eingeklemmt zwischen zwei Pflegerinnen, unerkannt in Ihre Geburtsstadt. Dort überredeten sie Piafs Hausarzt, einen falschen Totenschein auszustellen: „Verstorben am 11.10.1963 in Paris“. Und so schloss sich der Kreis ihres Lebens. „Sie musste einfach in Paris sterben. Für sie gab es keine andere Möglichkeit. Sie hätte es mit Sicherheit so gewollt“, sagten ihre damaligen Angehörigen und Freunde. Édith Giovanna Gassion verstarb mit 47 Jahren an Leberzirrhose, wahrscheinlich die Folge ihres lebenslangen Medikamenten, Drogen und Alkoholmissbrauchs.
Eine „Pariser Göre“ aus der „Gosse“ war sie, ohne Zweifel, das hätte sie nicht erfinden müssen. Sie wuchs zunächst bei Ihrer Großmutter, einer Bordellbetreiberin auf, danach holte sie ihr Vater, ein fahrender Schausteller, zu sich. Schon als kleines Mädchen trat sie mit Ihm auf der Straße auf, und als Heranwachsende bewegte sie sich oft in finsterer Gesellschaft. Aber seht selbst, in der oben verlinkten Video- und Audio-Datei.
Ob mir ein Chanson von Édith Piaf besonders gefällt? Ja, eigentlich sogar alle, besonders natürlich ihre Welthits „La vie en rose“ oder „Je ne regrette rien“, Lieder für die Ewigkeit. Mein heimlicher Favorit ist ein etwas weniger bekanntes Chanson: . Eine herzzerreißender Bitte an Gott, ihr doch ihren Liebsten noch zu lassen, „nur einen Tag, nur zwei Tage, oder acht. Vielleicht sechs Monate, oder drei, oder dann wenigstens nur einen“, bettelt sie. Noch mehr Glück war für sie nicht vorstellbar. Vor dem Hintergrund ihrer Biographie ist das natürlich doppelt erschütternd und authentisch.
Sans amour on n’est rien du tout. Ohne Liebe ist man Nichts, rein gar Nichts. (Édith Piaf)Statistik: Verfasst von DonQuixote — 11. Oktober 2013, 22:19
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