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Baclofen für abstinente Patientin mit Angststörung?

Verfasst: 1. September 2015, 18:20
von Gartenwoelfin
Guten Tag,

wer mich aus meinen Zeiten hier nicht mehr kennt: Ich nehme selbst seit knapp zwei Jahren Baclofen und habe meine Angststörung und den dadurch bedingten Alkoholmissbrauch zwar nicht gänzlich aus meinem Leben verbannen können, bin aber mit allem "to terms" gekommen.

Nun habe ich eine Frage zu einem anderen Bereich: Ich habe eine enge Freundin, die vor etwa fünf Jahren aufgehört hat zu trinken, also ganz=abstinent. Ihre Depressionen sind davon jetzt aber auch nach all der Zeit nicht weggegangen, und nun hat sich in einem längeren Gespräch zum ersten Mal herausgestellt, dass die bei ihr auch angstbedingt sind. Gibt es Quellen/Infos dazu, ob Bac auch dann wirken kann (gegen Ängste), wenn man das Trinken schon vor längerer Zeit eingestellt hat? Sie hat ca. 2009 einen Entzug vom Spiegeltrinken gemacht, aber außer dem Alkoholproblem ist halt alles andere noch da. Hauptsächlich Antriebslosigkeit (und Angst).

Ich wäre für Erfahrungswerte/hilfreiche Ratschläge dankbar, ich möchte ihr kein Medikament vorschlagen, was dann vielleicht nach hinten losgeht, möchte ihr aber auch keine Möglichkeit vorenthalten, die vielleicht helfen könnte.

Herzlich,
Maria

Re: Baclofen für bereits seit Jahren abstinente Patientin?

Verfasst: 1. September 2015, 18:52
von Papfl
Hallo Maria!

Schön, wieder von Dir zu lesen [hi_bye] !

Die anxiolytische ("angstlösende") und antidepressive Wirkung von Baclofen besteht ja zusätzlich zu den Vorzügen des Medikaments im Bezug auf alkoholbedingtes Craving. Soll heißen: Baclofen kann das Craving unterdrücken UND Ängste hemmen UND antidepressiv wirken.

Deiner Schilderung nach könnte Deine Freundin früher den Alkohol tatsächlich als Mittel benutzt haben, um ihre ursprünglichen Ängste zu unterdrücken/betäuben. Und jetzt - nachdem der Alkohol weg ist - fehlt die nötige "Medizin" und die Ängste sind wieder da [pardon] (s. dazu auch Baclofen für die Behandlung von Alkoholabhängigkeit und die potentielle Rolle komorbider Angststörungen, den Volltext kann ich Dir auf Anfrage via PN gerne "ausleihen").

Es gibt sogar die Auffassung, dass die Alkohol-Abstinenz in manchen Fällen "nur" ein Nebeneffekt der eigentlichen anxiolytischen Wirkung von Baclofen sei, eben weil das Medikament die Angst nehme und Alkohol zur "Betäubung" danach quasi nicht mehr nötig sei.

Wie auch immer: Es spricht nichts dagegen, Baclofen als "reines" Medikament gegen Angst auszuprobieren.

Viel Erfolg wünscht
Papfl

Edit:

Ein ganz toller Thread zu diesem Thema ist übrigens der von @Lisa.

Re: Baclofen für bereits seit Jahren abstinente Patientin?

Verfasst: 1. September 2015, 18:58
von Gartenwoelfin
Lieber Papfl,

danke für die schnelle Antwort. Ich werde noch ein bisschen warten, was an anderen Rückmeldungen kommt, und ihr das dann wahrscheinlich wirklich entsprechend empfehlen.

Herzlich,
Maria

Re: Baclofen für bereits seit Jahren abstinente Patientin?

Verfasst: 2. September 2015, 17:46
von GoldenTulip
Hallo Gartenwölfin,

schön, wieder von Dir zu lesen!

Ich möchte Deine Frage ausdrücklich bejahen, seit Jahren abstinent mit Angststörung, da gibt es nichts Ungefährlicheres als Baclofen, da eben keine Gewöhnung und Suchtgefahr besteht.
Dennoch weiß ich, dass manche Formen depressiver Art in ärztliche Obhut gehören.
Ich würde es mit niedrigster Dosierung/ Aufdosierung ausprobieren, und gleichzeitig eine Art Bewegungsprogramm beginnen - so schwer es auch fällt. Die besten Antidepressiva sind Bewegung und Haustiere *seufz*.
Und sofern noch andere Komorbiditäten wie posttraumatische Belastungsstörung oder so da sind, geht es ohne geeignete Therapie vermutlich nicht.

Ich betone hier nochmal meinen Laienstatus, denn endogene Depressionen sind teilweise echt nur medikamentös behandelbar, und wie und ob Bac als Einzelmaßnahme da hilfreich ist, entzieht sich meiner Kenntnis.

Am besten wäre, sie meldete sich hier selbst im Forum an; wär ja ein erster Schritt, wieder aktiv zu werden, soweit es eben geht,

lieben Gruß,
Conny

Re: Baclofen für bereits seit Jahren abstinente Patientin?

Verfasst: 2. September 2015, 18:55
von Gartenwoelfin
Danke, Conny, speziell von Dir hatte ich auf Antwort gehofft.

Ich fürchte, sie wird mir übelnehmen, dass ich hier schon über sie geredet habe, ich schau mal die Tage, wie aufgeschlossen sie gegenüber dem Thema "neues Medikament" ist.

Haustier ist da, liebender Mann und sozialverträgliche Umgebung auch. Habt Ihr einen Link zu einer aktuellen Tabelle zur Bac-An-/Aufdosierung?

DonQ, ich würde mich sehr freuen, wenn Du zu dem Thema auch noch was sagen würdest, nachdem Du es in die Öffentlichkeit gebracht hast ...

Herzlich,
Maria

Re: Baclofen für bereits seit Jahren abstinente Patientin?

Verfasst: 3. September 2015, 18:27
von DonQuixote
Hallo Maria

Was ich zu der Sache schreiben wollte, hatte eigentlich unser @Papfl dankenswerterweise schon vorweggenommen. Von der vorteilhaften Wirkung von Baclofen auf angstinduzierte psychische Störungen wurde bereits von diversen Forumsmitgliedern und Ärzten berichtet. Es gibt darüber hinaus aber auch wissenschaftliche Publikationen. Das „Baclofen-Wissensportal“ http://www.baclofen-wiki spuckt mit dem Suchbegriff „Angst“ u.A. folgende Resultate aus:

Die Artikel (Abstracts) sind leider nur in Englisch, aber das dürfte für Dich, wie ich Dich kenne, ja kein Problem sein. Die englischen Volltexte sind dort im Wiki auf unkomplizierte Anfrage ebenfalls erhältlich.

Nun wäre es natürlich vermessen, Deiner Freundin das Medikament Baclofen zur Behandlung ihrer angstinduzierten Depressionen als Allheilmittel und mit irgendeiner Erfolggsgarantie anzupreisen. Andererseits ist das Risiko einer solchen Behandlung gering, da Baclofen ein sehr „gutmütiges“ Medikament ist, sehr viel gutmütiger jedenfalls, als diverse andere Medikamente, welche für eine solche Indikation oft verschrieben werden.

Papfl hat geschrieben:Wie auch immer: Es spricht nichts dagegen, Baclofen als "reines" Medikament gegen Angst auszuprobieren.

Das sehe ich auch so [good] .

DonQuixote